Text: Michael Smosarski, 19. Mai 2016

Saddle Creek war zu Beginn der Zweitausender-Jahre das Mekka für alle, die Alternative Folk der neuen Art gesucht haben – unverbraucht, unverstellt, gerne auch wütend und verzweifelt, auf jeden Fall aber authentisch. Wer den Trademark-Sound dieser Tage vermisst, sollte Big Thief ein Chance geben. Die Band um Adrienne Lenker verkörpert all das, was man mit klassischen Label-Acts wie The Good Life oder Jenny Lewis verbindet. Verzerrte Gitarren in angenehmer Schräglage, emotional wuchtiges Songwriting – Qualitäten, nach denen viele Saddle Creek-Jünger angesichts der Veröffentlichungspolitik der letzten Jahre oft vergeblich gesucht haben.

Was Big Thiefs Debüt fehlt, ist dagegen viel schwerer zu beschreiben, aber ebenso wichtig. Denn das Album ist zwar rundum gelungen, aber nicht auf voller Länge fesselnd. Was fehlt, ist vielleicht eine bestimmte Dramaturgie, vielleicht auch eine Album-Story, die sich entwickelt und den Hörer bei der Stange hält. Lohnenswert ist „Masterpiece“ vor allem wegen großartiger Songs wie „Interstate“ – und der Tatsache, dass sich hier endlich mal wieder eine Alternative Folk-Band auf die musikalischen Werte besinnt, die das Genre vor 15 Jahren so spannend gemacht hatten.

Das Album "Masterpiece" erscheint am 27. Mai via Saddle Creek.