Text: Oliver Schröder, 13. Januar 2017

Klez.es erstes Album seit sieben Jahren lässt schon beim Blick aufs Albumcover stutzen: Titel und Artwork erscheinen merkwürdig vertraut. Die verhallten Drums und die durchs wabernde Szenario krabbende Gitarre lassen keinen Zweifel mehr: The Cure! Dazu in einer ihrer Hochphasen gegen Ende der Achtziger Jahre. Und dann auch noch auf Deutsch!?

Das Jahr 1989 ist der Schlüssel, mit dem sich das wagemutige Unterfangen erschließen lässt. Im April erschien „Lullaby“ als erste Single. Das zugehörige Video, in dem Robert Smith vom „Spiderman“ verschlungen wird, fiel in der „Coca Cola Eurochart“ zwischen „Like a Prayer“ und „Lambada“ schon seltsam auf. Tobias Siebert geht mit „Desintegration“ zurück in diese Zeit und sieht sich dort noch einmal genau um. Als Ostkind ist „Disintegration“ für ihn untrennbar mit dem Niedergang der DDR verbunden. Erstaunlicherweise findet er auf dieser halbautobiographischen Reise durch die Vergangenheit auch Antworten für das Heute. „Draußen vor den Mauern fängt es an sich zu bewegen/ da steht der Dummheit bester Freund/ er zeigt Flagge mit der Hand“ heißt es gleich zu Beginn und stellt damit eine weitere Neuerung der Band deutlich heraus: Klez.e sind mittlerweile politisch. So verheißungsvoll die Popindustrie damals in Richtung Millennium schielte, so groß war die Freude über die Wiedervereinigung. 28 Jahre später stehen dieselben Menschen in einer hochkomplexen Welt, in der der Blick in Richtung Zukunft nicht mehr so leicht fällt. „Desintegration“ verbindet damals mit heute und wir kommen zu der Erkenntnis, dass ohne The Cure eigentlich nie etwas lief.

Die nicht zu unterschätzende Gefahr ist allerdings, dass Klez.e das Cure-Label nicht mehr loswerden, denn „Desintegration“ wirkt irgendwie merkwürdig, wenn es ausschließlich aus Robert Smiths Schatten heraus präsentiert wird. Und die Bezeichnung „Deutsche Band, die The Cure kopiert“ wird Klez.e kaum gerecht.

VÖ: 13. Januar 2017 via Staatsakt.