Text: Oliver Schröder, 02. Januar 2017

Zum Jahreswechsel meldet sich mit “Peace Trail” ein Fels in der Brandung zurück. In einer Zeit, in der einfach alles in Bewegung ist, erscheint Neil Youngs Beständigkeit schon fast wie ein kleines Wunder. Viele Mitstreiter gingen in den letzten Jahren verloren, nicht wenige alleine im verfluchten Jahr 2016. Insofern kann man schon mal dankbar sein, dass er überhaupt noch da ist. Auch weil der 71-jährige immer wieder mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte. Dazu muss man ihm zugutehalten, dass – bis auf einige fiese, wenn auch richtungsweisende Exkurse in die Welt der elektronischen Musik – sein musikalischer Output stets über jede Kritik erhaben war.

Das ändert sich auch mit „Peace Trail“ nicht, allerdings reiht sich sein zweites Album innerhalb des scheidenden Jahres eher ins kurzfristige Mittelfeld seines musikalischen Lebenswerkes ein. Man könnte es als halbakustischen Schnellschuss bezeichnen, denn alle zehn Songs sind kein halbes Jahr alt und sind quasi improvisiert. Im Titelsong experimentiert Young noch mit Auto-Tune und lässt besorgt aufhorchen. Die folgenden acht Stücke können aber mehr oder weniger als klassische, wenn auch unpoliert-skizzenhafte Young-Songs bezeichnet werden. Mit dem Ohr am Puls der Zeit macht er auf politische Missstände aufmerksam und stellt Amerikas Status Quo auf zynische Art und Weise infrage. Zum Schluss macht er mit „My New Robot“ noch einmal ganz deutlich klar, dass er starrsinnig genug geblieben ist, um eine Akustikballade hinterhältig in ein rätselhafte Vocoder-Collage kippen zu lassen. Dann ist abrupt Schluss.

„Peace Trail“ ist somit vor allem als brandaktueller Screenshot einer abgekühlten Welt zu verstehen, in der es immer schwieriger wird, sich zurechtzufinden. Youngs wütende Entschlossenheit, sich dieser entgegenzustellen erscheint tröstlich, allerdings ist zu befürchten, dass ihm bald die Puste ausgehen könnte. Und wer bleibt dann noch?

VÖ: 09. Dezember 2016 via Warner Music.