Text: Maximilian Heß, 26. Februar 2021

“Auf zur Illumination” von den Fotos ist ein Album, das ohne Corona so wohl nicht entstanden wäre. Sänger Tom Hessler saß während des ersten Lockdowns in einem Studio fest und hat, mangels Alternativen, Songs geschrieben und sie später mit der Band aufgenommen. Entstanden ist dabei keine konzeptlose Songsammlung sondern ein psychedelisches Shoegaze-Kleinod.

Es knistert und rauscht. Auf offenen, noisy Akkorden legt sich eine kleine Synthesizer-Melodie. “Hast du eine Ahnung, woher dieses Rauschen dröhnt?” – Hessler wirkt selbst überrascht davon, was sich hinter seiner Stimme abspielt. Schon der Opener “Rauschen” legt das Grundkonzept von “Auf zur Illumination” offen. Die Songs sind für Popverhältnisse lang, werden getragen von sich entwickelnden Klangteppichen, die zwischen Shoegaze, Pop und Post-Punk schwimmen und sind untermalt von Texten, die manchmal erfrischend direkt und oft verträumt und kryptisch sind.

“Auf zur Illumination” ist das fünfte Album des Hamburger Quartetts. Es bricht klar mit seinem Vorgänger “Kids” und ist in seiner bewussten Unzugänglichkeit dem Album “Porzellan” von 2010 ähnlicher. Auch damals balancierten die Fotos schon zwischen Pop und Shoegaze. In der Tradition dieses Albums ist es nur logisch, dass auch “Auf zur Illumination” sich wieder in dem Spagat zwischen Entgrenzung und Struktur, zwischen Klangwall und Upbeat – ja zwischen Pop und nicht Pop befindet. Wirklich herausragend ist das Album dann, wenn es seiner eigenen Extravaganz Tribut zollt, ohne komplett in ihr zu versinken. In Songs wie “Das Verlangen” zeigen die Hamburger das unglaubliche Potential, das in diesem Sound stecken kann. Zeitlos elegant, hypnotisch und rau: wenn die Fotos den Ton treffen, ist das Album das Spannendste seit langem im deutschsprachigen Raum, irgendwo zwischen Die Nerven, International Music und Fortuna Ehrenfeld.

Wenn die Band allerdings zu nah an oder zu fern von klassischen Pop-Konventionen gelangt, verliert das Album leicht an Reiz. Im elfminütigen Machwerk “Silberne Maschine” ist beispielsweise ein toller Song versteckt. Allerdings ist er vergraben unter Arrangement-Fransen und fraktalen Nichtigkeiten. So sind die elf Minuten leider nur nett. Auch fehlt dem Album manchmal die Distanz zu seiner eigenen Message. “Nachtschattenglühen” prägt beispielsweise ein Text von Hessler, der irgendwo zwischen Von Lotzowscher Hochkultur und Uhlmannscher Sturm und Drang Attitüde pendelt. In solchen Momenten versucht das Album, eine rhetorische Relevanz zu erlangen, die es gar nicht braucht.

Wäre “Auf zur Illumination” eine EP geworden, wäre sie zweifellos jetzt schon eine der EPs des Jahres. Aber auch als Album kann man die paar Längen durchaus verschmerzen. “Auf zur Illumination” bleibt auch so ein unglaublich starkes Album, das auch noch unverhofft zustande gekommen ist. Wenigstens dazu war Corona also gut.

VÖ: 26. Februar 2021 via PIAS