Text: Jan Sturm, 22. März 2019

Sascha Ring hat sich Zeit gelassen mit dem fünften Apparat-Album „LP5“. Den Blick weit zurück gerichtet auf ein zwei Jahrzehnte langes Wirken und einfach mal Autechres gleichnamigen 1998er Katalogtitel als Homage zur eigenen Gegenwart gemacht. Mit der radikalen Maschinenmusik der Briten hat Rings „LP5“ – seinem ersten Album seit 2013 – mittlerweile weniger musikalisch als konzeptionell etwas gemeinsam. Rings Album kapselt sich ab, will nur für sich stehen, in seiner Gesamtheit als Albumformat verstanden werden und gibt sich kryptisch. „Dawan“ – der diesem Kontext entrissene und vorausgeschickte Teaser hatte zwar neugierig gemacht, war aber nur schwer zu greifen. Dennoch oder vielleicht genau deshalb ist es – nach vielen Repeats – für uns eines der herausragenden Stücke des Albums.

„LP5“ ist so fragil, intim, fragmentiert und liefert eine unerhörte Spannung aus Analogem und Digitalem. Sascha Rings markante Stimme sitzt mittlerweile emanzipiert zwischen Yorke und Vernon. Hier und da schimmern frühe Apparat-Elemente oder auch Rave-Ansätze durch. Wahrnehmbar aber dezent. Viel entscheidender ist es, dass das Co-Producing mit Phillip Thimm (Cello) und die Zusammenarbeit mit weiteren Künstlern (Drums, Streicher, Harfe, Kontrabass, Gitarre und Klavier) nunmehr analoge Instrumente auf eine Stufe mit dem bewährten Digitalismus stellen. Mit völligem Selbstverständnis bewegt man sich auf diesem hybriden musikalischen Feld. Auch wenn subtraktives Sounddesign und destruktives Arrangieren lediglich Fragmente der ursprünglichen Songidee zurücklassen, zaubert Apparat damit so manche kleine Hymne („Dawan“, „Caronte“, „In Gravitas“). Diese Art des selbstauferlegten Minimalismus‘ vermeidet Abnutzungserscheinungen im Studio, eliminiert vermeintlich zu häufig zitierte Themen und schafft wieder Platz für all diese wunderschönen Harmonien, die noch immer so wichtig sind.

Wenn wir es schaffen, geduldig zu sein.
Wenn wir den Dingen etwas mehr Zeit zugestehen.
Wenn wir Veränderungen akzeptieren.
Wenn wir die kleine Dinge wahrnehmen…

… dann hören wir mit Apparat – „LP5“ eines der musikalischen Highlights des Jahres.

16.04.2019 München – Alte Kongresshalle
18.04.2019 Hamburg – Kampnagel
23.04.2019 Leipzig – Täubchenthal
04.05.2019 (AT) Krems – Donau Festival
10.05.2019 Berlin – Tempodrom

VÖ: 22. März 2019 via Mute