Text: Oliver Schröder, 21. September 2017

Keine Experimente, kein Quäntchen Leichtigkeit: Vom ersten Ton an, macht Chelsea Wolfe überdeutlich klar, wer hier mit ihrem sechsten Album zurückgekehrt ist. Das erste Stück „Spun“ ist ein Brocken, der erst einmal geschluckt werden muss. Und als dieser geht er nicht nur schlecht runter, sondern bleibt auch zentnerschwer im Magen liegen und droht die Eingeweide zu zerquetschen. Queens oft the Stone Age-Gitarrist Troy Van Leeuwen sorgt für eine zusätzliche Schaufel Schwerkraft, die dem Songkonstrukt zusätzlich Dichte verleiht. Metalcore-Ikone Kurt Ballou war mit der Band im Studio – a match made in hell.

Und es wird nicht leichter verdaulich, geht es doch vornehmlich um Themen wie Verzweiflung, Furcht und erloschene Liebe. Jeder Song ein ewiger, klingender Abgrund, der – Nietzsche hat es beschrieben und kann nur diese Platte im Sinn gehabt haben – auch ein stückweit in den Hörer hineinhorcht. „Vex“ dreht beispielsweise sich in einer Spirale aus Maschinenbeats um sich selbst, „Particle Flux“ ist ein bedrohlicher Malstrom aus Störgeräuschen. Über allem schwebt göttinnengleich die Stimme der Chelsea Joy Wolfe. Die Queen of Doom bewegt sich auf „Hiss Spun“ wieder permanent auf der dunklen Seite des Universums und macht keinerlei Anstalten, sachlich zu bleiben. Anknüpfpunkte sind der Urknall, die Schöpfungsgeschichte, Exorzismus und Katharsis. Und dennoch ist es ein überaus persönliches Album geworden: “Cycles, obsession, spinning, centrifugal force—all with gut feelings as the center of the self.”, sagt Wolfe über den schwarzen Faden, der die Songs zusammenhält. Dem Hörer bleibt nichts anderes übrig, als sich in diesem hallenden Labyrinth zurechtzufinden und dabei in Ehrfurcht zu erstarren, oder in einer der vielen unterkühlten Ecken jämmerlich zu verrecken. „Hiss Spun“ lässt beide Optionen offen.

VÖ: 22. September 2017 via Sargent House