Text: Oliver Schröder, 16. April 2019

Chris Forsyth war noch nie ein Mann für kurze Popnummern und das machte er auch stets unmissverständlich klar. Bei seinem neuen Doppelalbum bekommt man demnach auch genau das, was auf der Verpackung steht: einen riesigen Berg an ellenlangen psychedelischen Improvisationen, die oft an ganz anderen Stellen enden, an denen sie angefangen haben. Manchmal etwas verkopft, aber immer charmant gelingt ihm und seiner Band die Gratwanderung zwischen Fordern und Überfordern mühelos.

Fast alle Stücke kratzen an der Zehn-Minuten-Marke, der ausufernde Krautpop-Exkurs „Techno Top“ braucht sogar doppelt so lange bis zu seinem Finale. Diese riesengroßen Räume, die hier aufgeschlossen werden, sind nicht etwa bis unter die Decke mit Experimenten und Effekten vollgestellt. Forsyth nimmt sich stattdessen viel Zeit, für den sorgfältigen Aufbau seiner Stücke und fürs Ausarbeiten und Abwandeln und Wiederholen. Die in die Songs investierte Zeit muss auch vom Hörer aufgebracht werden, denn mal eben nebenbei hören lässt sich „Mystic Mountain“ kaum.

Mit „Tomorrow Might As Well Be Today“ beginnt das Album noch im luftigen Indiepop wie ihn Luna perfektioniert haben – nur eben ohne den charakteristischen Gesang Dean Warehams. Forsyth steht stattdessen mit seiner Gitarre fortwährend im Mittelpunkt des Geschehens und gelegentlich klingt „Mystic Mountain“ dann auch nach der Werkschau eines Virtuosen, der zeigen möchte, was er kann. Dann gniedelt Forsyth schon mal haarscharf am Kitsch vorbei, aber er kriegt jedes Mal noch die Kurve. Am Anfang von „Dream Song“ erwartet man beinahe Mark Knopflers trockene Vocals vernehmen zu können. Stattdessen schraubt sich das Stück in immer neue psychedelische Höhen, bevor es sanft auf irgendeiner einsamen Felsklippe landet, von der aus sich die ganze Welt überblicken lässt. Kitsch hin, Gniedelei her, das ist einfach ein erhabenes Gefühl.

VÖ: 12. April 2019 via No Quarter Records