Text: Bernd Skischally, 18. März 2020

Zugegeben: Ich hatte etwas Angst vor dieser Platte. Denn sie basiert, wie der Name ziemlich eindeutig andeutet, auf einer Rockband-Fusion. Ein Tool, das in der Vergangenheit auch schon mal Anlass zur Fremdscham bot, vor allem, wenn es von US-Bands im Herbst ihrer Karriere zum Einsatz gebracht wird. Den Flaming Lips zu unterstellen, sie erhofften sich einen Dollar-Boost durch das dem Underground nie entronnene L.A.-Garagenrock-Duo Deap Vally, erscheint dann aber doch abwegig. Glaubhaft dagegen: Die einhornreitenden Weirdos um Lockenwirrkopf Wayne Coyne hatten einfach Bock aufs Herumjamen mit den resoluten Cowboystiefel-Feministinnen Lindsey Troy und Julie Edwards. Die sind immerhin ein Teil von Kaliforniens derzeit innovativsten Think Tank in Sachen Psych- und Art-Rock, dem Festival-Kollektiv Desert Daze, und auch an Experimentierfreude und anderweitigen Kooperationspartnern hat es Deap Vally auf ihren bisher zweieinhalb Platten nicht gemangelt.

Entstanden ist das neonbunte Durcheinander dann offenbar komplett in den Pink Floor Studios der Flaming Lips in Oklahoma City. Dass da eine ganze Menge Synthesizer, E-Drums und Effekt-Geräte herum stehen würden, dürften die Damen aus Los Angeles geahnt haben. Vermutlich haben sie sich deshalb gleich die Aufgabegebühr für ihre E-Gitarren-Sammlung gespart und sind mit Handgepäck angereist. Schwerere Gitarrenriffs wie im Opener „Home Thru Hell“ dienen dieser Platte nur als Lockmittel. Getragen werden die Stücke vielmehr vom mittlerweile Lips-typischen Instrumenten-Wunderkasten, da klingelt, fiept und klirrt es oft. Lindsey Troy, die die Rolle der Frontsängerin fast durchgängig übernimmt, bekommt die konsequente Abkehr vom Hardrock-Pathos besonders gut, das muss man sagen. Spielerisch wechselt sie zwischen Space-Balladen wie „Love is a Mind Control“ (Hit!) und Beck-Gedächtnisstücken wie „Motherfuckers got to go“ hin und her; und auch von ihrer Berliner Freundin Peaches scheint sie sich einige Hooks abgeschaut zu haben.

Gegen Ende der Platte benötigen die Deap Lips gefühlt immer weniger für durchwegs durchdringende Songs. Bei „The Pusher“ sind es Hall (davon aber viel) und ein bekifftes Getrommel auf E-Drums, bei „Not a Natural Man“ ein Keyboard-Dreifinger-Takt. Öfters gehört wird das erstmal alles besser – die Frage nur: nervt das Vielerlei vielleicht irgendwann? Daher note to myself: beim Jahres-Best-Of unbedingt nochmal nachhören, könnte sich lohnen.

VÖ: 13. März 2020 via Cooking Vinyl