Text: Judith Jung, 18. Januar 2019

Früher war alles besser – zumindest, wenn man Deerhunter Glauben schenkt. Die haben nämlich erneut ein Album produziert, das die geneigte Hörerin wurmlochartig drei bis fünf Jahrzehnte in die Vergangenheit katapultiert. Ein so unbefangen auf und ab hüpfendes Cembalo wie im Opener „Death in Midsummer“ hörte man wohl zuletzt in „Golden Brown” von den Stranglers.

An instrumentellem Einfallsreichtum mangelt es auf „Why Hasn’t Everything Already Disappeared” auch sonst nicht – in wabernde Synthesizer gewickelte Marimba-Klänge, samtige Saxophontöne und flächige Streicher stehen in gewohnt angenehmem Kontrast zu Bradford Cox’ gesanglichem Understatement und den altbekannten, vor Effekten triefenden Deerhunter-Gitarren.

Manchmal klebt das ein wenig an den Zähnen, wie im zu süßlich geratenen „What Happens to People”. Anderorts, wie im überaus poppigen „Plains”, ist es aber genau dieser unbedarfte Spieltrieb, der den Spaßfaktor ausmacht. Um das „Verschwinden von Kultur, Humanität und Natur“ soll es in dem Album gehen – diesen Katastrophen stellt sich „Why Hasn’t Everything Already Disappeared” erhobenen Hauptes entgegen, verspeist genüsslich seine Zuckerwatte und rückt die Schlaghose zurecht. Steht ihm hervorragend.

30.05.2019 (CH) Winterthur – Salzhaus
01.06.2019 Neustrelitz – Immergut Festival

VÖ: 18. Januar 2019 via 4AD