Text: Tim Brügmann, 28. Oktober 2019

Der Mensch bringt die Wüste zum Blühen, oder so. Aber sind tatsächlich schon 16 Jahre vergangen, seit sich QOTSA-Mastermind Josh Homme und seine Wüstenhunde und Sandfeen zur letzten Desert Session zusammengefunden haben? Tatsächlich! 2003 noch mit PJ Harvey als Gallionsfigur am großen Schiff der Desert-Rock-Szene, veröffentlicht man nun endlich „Vols. 11 & 12“. Tief inmitten der Sierra Nevada haben sich auch dieses Mal wieder namenhafte Künstler in Dave Catchings legendärer Rancho de la Luna eingeschlossen und an der neuen Ausgabe der wohl interessantesten Compilation der Musikgeschichte geschraubt.

Im Vergleich zur glorreichen letzten Zusammenkunft fällt auf, dass heuer lediglich acht Songs auf den geneigten Hörer warten. Aber auch das Personal lässt alte Haudegen wie Chris Goss, Brant Bjork, Mark Lanegan oder den verständlicherweise in Ungnade gefallen Jesse Hughes vermissen. Nichtsdestotrotz macht gerade Billy Gibbons von ZZ-Top im QOTSA-Universum auch nach einigen Jahren immernoch Sinn und auch Jake Shears von den Scissor Sisters ist kein Unbekannter in Hommes Dunstkreis. Für frischen Wind sorgen neben dem legendären Primus-Bassisten Les Claypool unter anderem Warpaint-Drummerin Stella Mozgawa und Mike Kerr von Royal Blood. Ungewöhnlichere Gäste sind dabei The-IT-Crowd-Schauspieler Matt Berry und die komplett randständigen Protagonisten Libby Grace und Töôrnst Hülpft.

Schon auf dem ersten Track „Move Together“ wird klar, dass es sich hier um den klassischen leicht abgedrehten Desert-Sessions-Sound handelt, der sich jedoch parallel zum Klangbild seines Schöpfers Homme mitentwickelt hat. Weniger Stoner-Rock dafür mehr sleazy Robot-Rock. Etwas ruhiger, aber aufgrund ihrer Weirdness und raueren Produktion erinnern die Tracks eher an „Era Vulgaris“ und „Like Clockwork…!“ statt nach der letzten QOTSA-Platte „Villains“. Ein Umstand, der erstmal willkommen ist.

Das Instrumental „Far East For The Trees” ist vermutlich das typischste Stück und erinnert an die zahlreichen Kleinode vergangener Sessions. Danach schlägt sich Newcomerin Libby Grace tapfer durch ein wohltuendes, am Ende aber nicht sehr haftenbleibendes „If You Run“. Desert-Soul, nicht mehr, nicht weniger. Mike Kerr schmeißt im Anschluss sein Gemüse für eine kurze aber knackige Royal-Blood-Brühe namens „Crucifire“ in den Topf, ehe Matt Berry (übrigens ein durchaus respektabler Musiker) und der nebulöse Töôrnst Hülpft (bei dem gemunkelt wurde, es würde sich um Trent Reznor von den Nine Inch Nails handeln) ihr Bestes geben, um Beck, Ween und The Flaming Lips inklusive pseudo-deutschem Dialekt auf „Chic Tweetz“ zu verheiraten. Schwachsinn und lange nicht so witzig, wie sie es sich vermutlich vorgestellt haben, aber am Ende doch eines der interessanteren Stücke.

Jake Shears von den Scissor Sisters darf dann sogleich auf „Something You Can’t See“ ran und stellt eine wunderbar verträumte Nummer samt einem Duett aus Akustik- und Desert-Gitarre vor. Und so lässt es sich doch glatt aushalten nachts in Joshua Tree. Ebenfalls ein spätes Highlight, dem dann noch einmal der Zeremonienmeister Homme höchstpersönlich mit „Easier Said Than Done“ folgt. Und es ist eine Schande, dass der beste und letzte Track leider auch der zweitkürzeste ist.

Leichter gesagt als getan, könnte auch das Motto der neuen Desert Sessions sein. Insgesamt hat Homme mit seinen Mitstreitern einen cleaneren Sound auf die neueste Volume gepackt als noch auf den Vorgängern. Wer schrammelige Gitarren und reichlich Wüstensand aus den Boxen dröhnen hören will, wird mit den „Vols. 11 & 12“ eher weniger Freude haben. Wer jedoch nicht genug vom modernen QOTSA-Sound bekommen kann und diesen gerne etwas abgedrehter feiert und auch vor ruhigeren Stücken nicht zurückschreckt, der wird den Kauf nicht bereuen.

Angesichts der langen Warte- und der verdammt geringen Spielzeit, lässt einen die neueste Desert Session mit zu viel Heißhunger zurück. Es fehlen die markanten Passagen und die Songs, die später mal unausweichlich zu QOTSA-Hits werden wollen. So spitzen wir vergeblich die Ohren, können Les Claypool von Primus aber nur erahnen. Wir wollen wissen wer Töôrnst Hülpft ist, können aber eigentlich auch darauf verzichten, weil es am Ende vermutlich eh wieder Dave Grohl ist. Also nochmal rein mit der Platte und auf „Vols. 13 & 14“ oder weitere Stone-Age-Songs im Stile der wenigen aber durchaus hörenswerten Höhepunkte warten.

VÖ: 25. Oktober 2019 via Matador Records