Text: Nils Hartung, 10. April 2017

Wenn Josh Tillman alias Father John Misty von seiner Pop-Kanzel predigt, dann sorgt er mit irrwitzig zynischen Texten regelmäßig für Jubelstürme in der Indiefolk-Gemeinde. „I Love You, Honeybear“ war eine dieser zwischen Wahn und Wahrheit pendelten Abhandlungen über Liebe, Sex und menschliche Beziehungsgeflechte. Dazu versteht es Tillman wie kein Zweiter, überdrehten Zynismus als watteweiche Folkpop-Bomben an seine Hörer zu verticken. Auf „Pure Comedy“ ist allerdings Schluss mit lustig. Tillman greift zum Einstieg direkt zur Existentialismuskeule und inszeniert die Lächerlichkeit des Menschseins mit einer großspurigen Soulnummer – cheezy Saxsolo inklusive. Ist das noch Entertainment oder schon Sozialkritik? Tillman jedenfalls lehnt jede Eindeutigkeit ab und erzählt stattdessen lieber von Taylor Swifts neuen Job als digitale Wichsvorlage für Virtual-Reality-Brillenträger („Total Entertainment Forever“). Überzeichnung gehört ebenso zum Grundprinzip von „Pure Comedy“ wie Beklemmung. Denn jede kluge Pointe, die man gerne belachen würde, bestraft der Father höchstpersönlich mit einem lyrischen Schlag auf die Finger. Und so zwingt „Pure Comedy“ den Zuhörer förmlich in einen Zustand von Katharsis, wie es selten in der Popmusik passiert. Danke, heavenly Father.

14/11/2017 Berlin – Huxleys

VÖ: 07. April 2017 via Bella Union