Text: Oliver Schröder, 12. November 2019

The Marble Index: Glatt, kühl und steinhart und trotzdem sensibel auf ätzende Umgebungen reagierend. Friends Of Gas haben für ihre EP mit „Carrara“ den perfekten Baustoff gefunden.

Es groovt weniger als auf dem Albumdebüt „Fatal Schwach“, dafür bricht und splittert es vielfach. Zwei kantige Marmor-Rohblöcke markieren den Anfang und das Ende des Songtrios, das nahtlos ineinander übergeht. Beide werden, angeleitet von Nina Walsers keuchendem Gesang, in rhythmische Brocken zerteilt, die dann unvermittelt in den Fressen der Zuhörer landen. Bei „Kalter Apparat“ kühlt der Bass die drohenden Hämatome gerade noch rechtzeitig herunter, bei „Vom Müssen“ kann die Blutung dann schon nicht mehr gestoppt werden:

Nicht wissen wollen, was die Welt ist, noch wie sein soll.

Eigentlich haben die Münchner längst keine Vergleiche mehr nötig, aber man stelle sich die punkige Dringlichkeit der ganz frühen Cure, gekoppelt mit der Verweigerungshaltung der Post-„Dirty“-Sonic Youth in einem Song vereint vor, und man hat eine ungefähre Vorstellung, welche Wucht hier durch die Fusion von Sperrigkeit und Eingängigkeit entsteht. Als Kontrast steht der Titelsong wie ein rätselhafter Monolith in der Mitte und beantwortet mit zehnminütiger Monotonie die Frage, inwiefern sich die Band um gängige Songformate schert.

Soviel ist klar: Für Platten wie diese braucht man Chuzpe und die Gewissheit, niemandem etwas beweisen zu müssen. Nächstes Jahr im April erscheint das Nachfolgealbum, das mit „Carrara“ eine erschreckend hohe Messlatte vorgesetzt bekommen hat.

22.11.2019 Hamburg – Molotow
23.11.2019 Berlin – Zukunft am Ostkreuz
24.11.2019 München – Rote Sonne

VÖ: 15. November 2019 via Staatsakt