Text: Oliver Schröder, 28. März 2018

Als „vier Raubkatzen in einem kleinen Käfig“ bezeichnete Holger Czukay retrospektiv seine Erfahrungen mit Can. Er meinte damit die ungeheure Anstrengung, die aufzubringen war, um die jeweils sehr eigenwilligen Vorstellungen der Bandmitglieder unter einen Hut zu bekommen. Wer den Backkatalog der Band kennt, weiß, wie unbändig der Experimentierwille in den veröffentlichten Schnittmengen war.

Czukay starb am 5. September 2017 und hinterlässt auch als Solokünstler ein musikalisches Vermächtnis, das einerseits große Veränderungen angestoßen hat und mit dem immer wieder neue, zum Teil abseitige Wege beschritten wurden. Andererseits wurde er auf Solopfaden, in erster Linie von Kritikern und Musikern verehrt. Das große Publikum konnte mit seiner gelegentlich auch schrulligen Ästhetik weniger anfangen. Auch wenn seine unkonventionellen Arbeiten immer wieder mal den Weg der breiten Massen flüchtig kreuzten: Viel gehört wurden seine Stücke selten.

Umso wertvoller die nun vorliegende Retrospektive. Hier lässt sich das Raubkatzenbild sehr deutlich nachvollziehen. Eigensinnig, kreativ und oft mit einem Augenzwinkern baute er Instrumente, Geräusche und Stile in seine Songs ein, die zusammengenommen manchmal etwas faszinierend Neues ergaben, manchmal aber auch Zweifel am Geisteszustand des Komponisten weckten. Oft traf beides aufeinander. Diese Karriere lässt eben sich nicht in „Hits and Misses“ einteilen, was man „Cinema“ in angemessener Weise auch deutlich anhört. Hendrik Otremba (Messer) stellte eine Fünf-Platten-Box zusammen, auf der „Experimente, musikalische Meditationen, Meilensteine, Stolpersteine, Hits, Raritäten und Ausgegrabenes“ zu finden sind. Besser kann man Czukays Schaffen nicht erklären. Zumindest nicht mit Worten.

VÖ: 23. März 2018 via Grönland