Text: Michael Smosarski, 04. Dezember 2019

Erst Ende 2018 hat Josephine Foster mit ihrem Weird Folk-Album „Faithful Fairy Harmony“ eine der mutigsten Platten des Jahres herausgebracht – ein Album voller versponnener Kinderlieder, das sich Coolness-Konventionen komplett widersetzt. Nun gibt es einen Nachschlag: Ihr Album „All The Leaves Are Gone“ von 2004 wird neu aufgelegt.

Es ist sicher keine gewagte Behauptung, dass hierzulande praktisch niemand dieses Juwel besitzen wird. Was Foster hier allerdings mit Hilfe ihrer Band aufs Tape gezaubert hat, ist phänomenal und darf nicht erneut ungehört bleiben! Auch „All The Leaves Are Gone“ ist im Kern Freak-Folk, doch zu gleichen Teilen finden sich Pop, Psychedelic und Art Brut im Stilmix wieder. Das ganze Album gleicht einem Kippbild: Wo sich in dem einen Moment Instrumente und Gesang in kollektiver Schieflage befinden, werden sie im nächsten Augenblick zum perfekten Pop-Ensemble, das außergewöhnliche Melodiebögen aus dem Hut zaubert.

Josephine Foster And The Supposed locken und teasen den Hörer, sie spielen mit Erwartungshaltungen und zögern genüßlich den Moment hinaus, in dem die Musik vom Lärmigen ins Melodische umschlägt. Das hat durchaus etwas Kathartisches, und als Hörer findet man immer größeren, masochistischen Spaß daran, sich auf dieses Spiel einzulassen. Großen Anteil daran hat Gitarrist Brian Goodman, dessen Riffs und Licks förmlich zerschmelzen und Tonleitern und Traditionen schlichtweg ignorieren – nur um dennoch genau im dramaturgisch perfekten Moment wieder die richtige Note zu treffen. Ein wenig ist es, als hätte man den (ebenfalls genialen) Big Thief-Gitarristen Buck Meek mit dem verrückten Hutmacher aus „Alice im Wunderland“ gekreuzt. Ebenso große Kunst ist das Zusammenspiel der Band, deren Energie selbst bei den leiseren Songs wie Elektrizität in der Luft liegt. Bestes Beispiel: Die euphorisierende Abfahrt „Jailbird“!

VÖ: 29. November 2019 via Fire Records