Text: Nico Beinke, 08. November 2019

In Zeiten, in denen klassischer Folk oft trendbewussten Ausflügen ins elektronische unterliegt, setzt „In All Weather“ einen Kontrapunkt und klingt angenehm old fashioned. Ob nun Harfe, Blockflöte oder Rhodes Piano, Josienne Clarke liest die Messe für leicht angestaubt erscheinende Instrumente und verarbeitet dadurch das Gestern, begräbt gescheiterte Beziehungen, um ganz nebenbei in die erweiterte Spitze der Genre-Diven vorzustoßen.

Die da beispielsweise wären: Laura Marling während „Leaving London“, ohne diesen fast verkniffenen Ernst, und ohne Ambitionen Joni Mitchell zu beerben. Oder auch Scout Niblett während „Host“, Zuhilfenahme einer schwer verhallten Gitarre, um der Lieblichkeit ihres Gesanges etwas Raues, oder gar Rohes, entgegenzustellen. Der schottische Akzent, vorgetragen in minimalen stimmlichen Phrasierungen, wirkt verspielt wie spielerisch zugleich. Gerade der Opener „Seconds“ schafft es zwei völlig unvereinbar wirkende Elemente zu verbinden, so als ob Regina Spektor sich an einer abgespeckten Version von Portisheads „Roads“ versuchen müsste. Um eben totaler Zerrissenheit den Schrecken zu nehmen.

Das ist alles total angenehm und kurzweilig – angesichts von 13 Songs in 32 Minuten, allerdings keine Überraschung. Gefühlswelten, die nicht überfordern, keine instrumentalen Exzesse – „In All Weather“ ist keine abgehobene Kunst geworden, dafür aber geerdete Folk Musik, wie sie leider wieder in ihr Schattendasein zurücktreten wird.

VÖ: 08. November 2019 via Rough Trade Records