Text: Oliver Schröder, 06. September 2017

Tina lives in Berlin
Her voice so seldom
On my machine
Is here tonight

Politische Zeiten – kalte Beats: Underworlds „Push Upstairs“ ist tatsächlich die erste Assoziation, die einem nach wenigen Momenten von „Two Windows“ in den Sinn kommt. Lali Punas fünftes Album beginnt kühl, treibend und wenig melancholisch. Die Zeiten sind seit dem letzten Album wahrlich andere geworden, innen wie außen.

Kaum zu glauben, dass wir uns immer noch im gleichen Jahrzehnt befinden. Die ersten Lali-Puna-Alben sind mit ihrer Indietronic-Plüsch-Ästhetik schon längst in der Nuller-Jahre-Nostalgie angekommen. Aber sieben Jahre nach dem Erscheinen von „Our Inventions“ kommen einem beinahe die Tränen, so unbefangen tröstlich klingt Valerie Trebeljahrs Stimme in „Rest Your Head“. Ist das wirklich schon so lange her?

Lali Puna im Jahr 2017 wiederzutreffen ist wie eine alte Studienfreundin zu treffen, mit der wir vor einer Ewigkeit bei bestem Festivalwetter vor der Hauptbühne im Gras gelegen, Musik gehört und ein bisschen geknutscht haben. Mittlerweile scheinen ganze Dekaden vergangen zu sein. Wir haben: richtige Jobs, ein vernünftiges Leben, zarte Beeps und Clonx. Wir haben verloren: Unbeschwertheit, das Gefühl, dass alles möglich ist, zarte Beeps und Clonx. Es pluckert, tickt und säuselt auf „Two Windows“ immer noch angenehm an vielen Stellen, nur bewegen sich die Songs deutlich mehr und vor allem deutlich mehr geradeaus.

„Bony Fish“ sorgt dann aber nach 20 Minuten erster Ratlosigkeit für ein Quäntchen wohlige Wärme. „Her Daily Black“ ist dann fast wieder die alte Lali Puna. Vielleicht lässt der Phantomschmerz auch nur mit jedem Stück weiter nach und wir bewegen uns langsam mit. Beim letzten Stück „Head Up High“ ist man dann einfach nur noch froh, dass sie wieder da sind. Selbst an das Kings Of Leon-Cover „The Bucket“ werden wir uns irgendwie gewöhnen. Gebt uns nur ein bisschen Zeit.

Album eins nach Markus Achers Ausstieg markiert tatsächlich eine Zäsur, mit der man erst einmal klarkommen muss. Es geht – wie da draußen – um Freiheit, Überwachung und Gentrifizierung. Hier natürlich nicht als trockene Schlagzeilen, sondern durchaus vertraut trebeljahrig verpackt: „Cause all things will change / Cause all things must change“ – das müssen wir dann wohl mit einem letzten Seufzer akzeptieren und noch diesen Frühherbst auf den letzten Festivals des Jahres vor der Hauptbühne im Gras besiegeln. Nicht nur der alten Zeiten wegen.

18/10/2017 Nürnberg — Z Bau
19/10/2017 Köln — Gebäude 9
25/10/2017 Frankfurt — Zoom
22/11/2017 (AT) Wien — Arena
24/11/2017 (AT) Wels — Youki
25/11/2017 Leipzig — Conne Island
26/11/2017 Berlin — Volksbühne
28/11/2017 Hamburg — Kampnagel
29/11/2017 München — Kammerspiele

VÖ: 08. Spetember 2017 via Morr Music