Text: Alex Schulz, 18. August 2020

Oranienstraße 190, Berlin-Kreuzberg. Wie kaum eine andere kulturelle Einrichtung beherbergte das rastlose SO36 das Herz des (deutschen) Punks bis zu seinem Zenit in den Achtzigerjahren. Kaliber wie Einstürzende Neubauten oder Wire gaben sich hier zeitweise die Klinke in die Hand. Bowie und Iggy Pop kamen 1978 zur Neueröffnung des Konzertsaals – mehr muss man dann wohl nicht mehr schreiben.

Nun ist es mit dem Punk so eine Sache. Er ist schließlich nicht totzukriegen! Er ist wie ein harter Anschlag einer zerschrammelten Gitarrensaite. Scheinbar unablässig und zyklisch schlägt er neue Wellen auf der Zeitachse. So ist das musikalische Vermächtnis der Bewegung auch heute wieder im Zeitgeist angekommen und erlebt ein weiteres Hoch. Diese Entwicklung findet glücklicherweise nicht nur in den Staaten oder auf der Insel statt, nein, vermehrt auch Bands hierzulande haben sich auf die ja vielleicht doch noch nicht gänzlich ausgetretenen Punk-Pfade begeben. Berlin kommt derzeit als Hochburg für neue Punk- oder Post-Punk-Formationen daher und so ist es kein Wunder, dass junge Bands auf den Spirit des seinerzeit so übergroßen SO36 zurückgreifen und ihre Alben in den heiligen Hallen aufnehmen.

So geschehen auch bei Liiek, einem Berliner Post-Punk Trio, dass in seinem Sound wenig Kompromisse eingeht. Die neue EP, eine 7“-Platte mit dem so bezeichnend wie passenden Titel 7“, liefert auf den drei vorhandenen Tracks die gleiche Rezeptur, wofür die Band bereits seit ihrem Debüt in diesem Jahr steht: abgehackte, herrlich herausgerotzte Lyrics, die den Songs ihre Struktur geben und für den Wiedererkennungswert von Liiek sorgen. Getragen werden diese Einlagen von eher basslastigem, minimalistischem Spiel, das problemlos ohne Synthies oder aufwändigere Instrumentalisierung auskommt.

Die Bandmitglieder gehören im Übrigen ADK (Allee der Kosmonauten) aus Berlin an, die in 2020 die Compilation „Achtung ADK“ mit einem Haufen weiterer hungriger Bands herausgebracht haben. Die Gemeinschaftsproduktion spiegelt eine erstaunliche Vielfalt der Szene wider, in der deutlich wird, dass auch Liiek die eigene Nische sehr bewusst zu besetzen weiß.

VÖ: 07. August 2020 via Mangel Records