Text: Christoph Walter, 28. Oktober 2019

Spätestens seit Bon Ivers Meisterwerk „For Emma, Forever Ago“ ist in der Popmusik die einsame Hütte im Wald ein mythenumrankter Ort. Auch Mikal Cronin hat sich für die Arbeit an seiner vierten LP für eine Weile in eine Hütte in den Bergen Südkaliforniens zurückgezogen. Eine schratige Folkplatte hat er von dort aber nicht mitgebracht, sondern allerlei Ideen zu Songs, die er dann gemeinsam mit Ty Segalls Freedom Band in ein gleichermaßen entspanntes wie schepperndes Album verwandelt hat, das so zeitlos ist wie der 1964er Ford Falcon, der im Video zur Slacker-Hymne „Show Me“ eine zentrale Rolle spielt.

Einfach drauflosmusiziert wird auf „Seeker“ trotz aller Liebe für Grunge und 90er-Jahre-Indiepop aber nicht. Stattdessen sind die meisten Songs wunderbar vielschichtig und detailverliebt wie das furiose, mit einer hübschen Pianogrundierung unterlegte und mit Bläsern angereicherte „Feel It All“, die melancholische Klavierballade „Sold“ mit ihrem bestechend schönen Refrain oder das staubige „Guardian Well“, das die Hochzeiten der Two Gallants heraufbeschwört. „I’ve Got Reason“ hätte sich auch im Seattle des Jahres 1993 nicht zu verstecken brauchen und wie „Lost A Year“ in seiner zweiten Hälfte das Tempo anzieht, ist eine wahre Freude.

Seine Hütte in den Bergen musste Mikal Cronin übrigens recht überstürzt verlassen, weil die Gegend wegen Waldbränden evakuiert wurde. Schwer zu sagen, wie „Seeker“ wohl bei einem ausgedehnteren Aufenthalt geklungen hätte. Geschadet hat der vorzeitige Abschied aus der Einsamkeit dieser abwechslungsreichen, schillernden Platte aber ganz bestimmt nicht.

10.02.20 München – Milla
11.02.20 Köln – Bumann & SOHN
12.02.20 Berlin – Kantine am Berghain
19.02.20 Hamburg – Molotow (SkyBar)

VÖ: 25. Oktober 2019 via Merge Records