Text: Säm Wagner, 17. November 2017

Welchen Bandnamen würde man sich für alle Zeit auf den Oberarm tätowieren lassen? Ohne Zweifel: Der Name „The Smiths“ oder das Konterfei des jungen Stephen Patrick Morrissey gehören bei mir zu den Topkandidaten. Das Werk der britischen Band und die anschließende Solokarriere des Sängers haben mich zuverlässig durch alle Weltschmerzen der Adoleszenz begleitet. Keiner konnte Sehnsucht, Außenseitertum, Liebe und Rebellion besser besingen als Morrissey. Hymnen, wie „There is a Light that never goes out“, „How soon is now?“, „Panic“, „Ask“, „Bigmouth strikes again“, später „Everyday is like Sunday“, „The More you ignore me, the closer I get“, „We hate it when your friends become succesful“ – ich könnte diese Liste jetzt beliebig fortsetzen – boten herzzereißende Gesten und den nötigen Pathos, um Zweiflern und Außenseitern Trost zu spenden.

Morrissey stand über all die Jahre auf einem felsenfesten Sockel, den niemand umwerfen konnte – außer er selbst. Und genau damit hat er in den vergangenen Jahren erfolgreich begonnen. Der exzentrische Mozfather wurde zunehmend zum wunderlichen Kauz, der sich nicht in die Karten schauen lassen wollte. Freut sich Morrissey wirklich so sehr über den Brexit? Warum lobt er Nigel Farage von der rechten Ukip-Partei? Wozu verbreitet er allerlei Verschwörungstheorien? Und just in diese Zeit fällt sein Album, das deutlich politischer als seine Vorgänger ausfällt.

„Low in High School“ ist kein Meisterwerk. „Low in High School“ hat aber natürlich alles, was ein Morrissey-Album braucht: Drama, Pathos, große Gesten. Doch trotzdem fällt es im Vergleich zu seinen letzten Alben seit „You Are the Quarry“ („World Peace is none of your business“ wurde unterschätzt) deutlich ab. Klar, der Mozzer bietet gewohnt viel Zitierfähiges für alle (traurigen) Lebenslagen. Musikalisch ruppig und zornig, doch in weiten Teilen belanglos. Und textlich politischer denn je liebäugelt der Meister freilich mit allerlei Verschwörungstheorien. Darf er das? Kommt er nächste Woche / nächstes Jahr mit der Auflösung daher? Will er irgendwem nur einen Spiegel vorhalten? Ach, Morrissey.

Sicherheitshalber rubble ich mir das Tattoo, das ich mir niemals stechen habe lassen, wieder ab.

VÖ: 17. November 2017 via BMG