Text: Nico Beinke, 24. Februar 2020

Sich vier Jahre für die Entstehung des ersten Albums Zeit zu nehmen, ist heutzutage ein wahres Wagnis. In vier Jahren hat der Musikzirkus gefühlt etwa 50 Trends, wie die sprichwörtliche Sau, durchs Dorf getrieben. 50 Trends, die Johnny Lynch allesamt verpasst haben könnte, oder die er zumindest ignoriert hat. Vielleicht hat er in der Zeit aber auch einfach eine Armada an Schleppnetzen in die trübe Brühe dieser 50 Trends geworfen und vergessen sie wieder einzuholen.

In Wirklichkeit hat er sie wohl einfach ignoriert, weshalb „Thumb World“ seines Pictish Trail sich wie das aus der Zeit gefallene Caribou-Album anfühlt, welches bereits seit Jahren von so vielen Fans ersehnt wird. Pictish Trail mit nur einem Vergleich gerecht zu werden, scheint allerdings nahezu unmöglich und wird der Sache, in diesem Fall „Thumb World“, nicht gerecht. Caribou halt, weil es sich hierbei um Songwriter-Electro handelt, der grandios durchkomponierte Melodien und Gesangsharmonien mit liebenswert versponnenen Electro-Spielereien verbindet und sich somit weder so richtig zum Tanzen, noch zum Schwelgen eignet. Gelegentliche Vocoder-Stimmmanipulationen lassen zudem an Squarepusher denken, deren Alex Thomas sich für einige Drums im Studio einfand. Aber im Endeffekt ist es oft eine Bürde passende Vergleiche anzustellen, zumal sich „Bad Algebra“ bereits nach dem zweiten Hören anschickt, als Hit im Gehörgang zu verweilen.

Und dass ist es, worum es sich immer dreht und drehen sollte, perfekter Pop, wie auch immer er sich anhört, ist doch eh von so vielen Komponenten abhängig, die sich nicht berechnen lassen. Trotzdem ist es es wert, es zu versuchen, immer und immer wieder. „Bad Algebra“ sei nun hiermit nominiert, zuerst einmal der beste Song des neuen Jahres zu sein und zu bleiben, solange wie es nur eben geht.

VÖ: 21. Februar 2020 via Fire Records