Text: David Maneke, 04. März 2019

Es ist ja immer so eine Frage. Was für Musik mag ich eigentlich? Mag ich die, die relaxt von der Hand gegangen ist, wo bei den Musikern im Studio auf Anhieb die Chemie beim jammen gestimmt hat? Oder schätze ich Musik, die von vorne bis hinten mit wohlfeil radikalen künstlerischen Ideen gespickt ist? Nun, die Frage ist doch eigentlich ganz falsch gestellt. Mir gefällt beides, aber nur in jeweils bestimmter Ausführung. Gut muss es sein, so leicht habe ich es mir bisher ganz gerne mal nach außen hin gemacht, weil es mich ermüdet, dieses „Gut“ zu definieren. Es können zur näherungsweisen Beantwortung eventuell ein paar erkenntnisleitende Fragen assistieren: „Wie schlimm hats die Band nötig?“, das wäre eine davon. „Welche Energien gehen von der Musik aus?“ – doch Obacht! Fragst du die falschen Esoteriker, wird die Antwort eher frustrieren. Am Ende aber steht die Frage aller Fragen: „Gefällts dir?“ (Muss dir ja nicht ausschließlich wegen der Musik gefallen. Ich liebe Rio Reiser auch nicht unbedingt allein wegen seiner Stimme.).

In Perth scheint über die Jahre ein erweiterter Freundeskreis gewachsen zu sein, der eine überproportionale Dichte an Bands hervorgebracht hat. Das bekannteste Aushängeschild dieser Melange sind die Indie-Über-Heroen Tame Impala. Und Pond ist das verträumte Geschwisterchen. Ein kleines bisschen jünger sind sie, Wikipedia zufolge nämlich ein Jahr. Und trotzdem ist „Tasmania“ das inzwischen achte (!) Album der Band, der stetige Output scheint ziemlich zuverlässig gewährleistet.

Und sagenhaft ist, wie unfassbar relaxt das Album ist. Erfrischend, mit wieviel Finesse textlich gearbeitet wird. Pond haben in jedem Song immer eine Kleinigkeit zu erzählen, Petitessen vielleicht, kein Thema dabei, dem man auf Teufel komm raus ein Konzeptalbum widmen muss, aber doch wichtig genug, um es immer mal wieder einstreuen zu lassen. Wirklich niemals entsteht das Gefühl, dass hier etwas über Gebühr zurückgelassen wurde, noch dass ein Motiv bis zum Komplettende auserzählt wurde. Das Songwriting ist, gerade nach diesem musikalisch bisweilen bitterernsten Winter, erfreulich bodenständig.

Jo, und das kann die Band sich leisten. Denn die Musik funktioniert. Pond sind eine Spur näher am Pop, in der Breite etwas gefälliger noch als die (zu?) naheliegende Vergleichsgröße Tame Impala. Dadurch sind sie dogmatischen Ästhetikern vermutlich eine Spur zu blutarm, aber sie haben halt ein popmusikalisches Talent. Die aktuelle Single „Daisy“ ist ein schön arrangierter Song, nicht mehr und nicht weniger. Zugegeben: dem Entgegen steht die erste Single „Burnt Out Star“, ein psychedelisches Bröckchen von 8:09 Länge. Das ist natürlich Schabernack für den Radioredakteur, der als Popsong nur 3:30 Schema F kennt. Aber „Burnt Out Star“ ist ein großer Song.

Pond treiben auf „Tasmania“ ihr ganz eigenes Spiel mit dem Konzept Popmusik. Die Jungs sind abgebrüht genug, um ohne große Pläne ins Studio zu gehen und das zu machen, worauf sie Lust haben: und das war in dem Fall eben „Tasmania“, ein wunderschönes Album zum Frühlingsanfang. Such nur halt nicht nach dem tieferen Sinn, denn den will in diesem Fall keiner haben. Also, um den Bogen zu schließen:

„Wie schlimm hats die Band nötig?“ – Gar nicht. Die Jungs machen einfach.

„Welche Energien gehen von „Tasmania“ aus?“ – Das billige narrative Klischee der australischen Relax-Philosophie. Und dann wirkts eigentlich gar nicht billig, sondern einmal glaubhaft.

„Gefällts dir?“ – Außerordentlich gut.

21.- 23.06.2019 Scheeßel – Hurricane Festival
21.- 23.06.2019 Neuhausen ob Eck – Southside Festival

VÖ: 01. März 2019 via Marathon Artists