Text: Tim Brügmann, 03. Juli 2020

Sturmfluten, gewaltige Wasserfälle, ewig weiter Wüstensand, Feuerbrunst, klirrende Kälte und unendliche Sternenmeere. Es sind brachiale Naturgewalten, die im Post-Rock gerne mal die kleinen bis großen musikalischen Ausbrüche visuell begleiten. Doch was, wenn die alles bestimmende Naturgewalt der Stunde ein mikroskopisch kleines Virus ist? Ein Virus, das die Menschen in ihre vier Wände verbannt? Dann zieht man sich zurück, nutzt die erzwungene Isolation und schreibt kurzerhand einen Song. So geschehen bei der Berliner Band Red Strict Area, die mit ihrem Song „We Fall“ auf die Abgründe der menschlichen Existenz blicken.

Narzissmus und eine der Selbstdarstellung geopferten Empathie sind die Themen mit denen sich Red Strict Area aus der Hauptstadt mit ihrer neuen Single „We Fall“ beschäftigen. Unter Corona-konformen Umständen aufgenommen und in ein stilsicheres Video in Schwarzweiß gegossen, entführt einen der Track auf acht Minuten in einen Malstrom aus Gefühlen. Laut und leise wechseln sich, so wie es der Post Rock nun mal will, nahtlos ab und auch die große Eruption, das große Finale, überzeugen auf ganzer Linie. „Es bleibt das gierige Streben nach Resonanz mit dem eigenen digitalen Abbild und damit die Manifestation des menschlichen Scheiterns“, so Sänger Patrick Kuhn. Harter Tobak, den die Berliner hier aufgreifen, doch „We Fall“ lässt hinter den harten Gitarrenbrettern und dem treibenden Bass auch einen Funken Hoffnung erahnen. Shoegaze, Art-Rock, whatever, Red Strict Area beweisen Tiefgang ohne sich zu sehr zu verkopfen. Trotz Sicherheitsabstand im Studio landet der Track sofort im Ohr und landet zielgenau auf Herz und Seele.

Mit „We Fall“ legen Red Strict Area die Messlatte für ein hoffentlich bald erscheinendes zweites Album enorm hoch. Die Single wird dann zwar nicht enthalten sein, auf jeden Fall beweisen die Berliner aber, dass sie sich vor der Genre-Königsklasse von Mogwai oder pg.lost nicht verstecken müssen.

VÖ: 20. Juni 2020 via 2139507 Records DK