Text: Michael Smosarski, 21. Januar 2019

Alle Welt spricht gerade – und zwar völlig zu Recht – davon, wie Frauen den chauvinistisch verranzten Rock retten. Im Fokus stehen dabei Namen wie Courtney Barnett oder Anna Calvi. Sharon Van Etten hat praktisch niemand auf dem Zettel. Dabei musste sie sich emanzipieren wie kaum eine zweite: Ihr Ex-Freund hatte ihr sogar untersagt, öffentlich zu musizieren, so dass sie heimlich bei Open Stages aufgetreten ist, bis sie schließlich den Befreiungsschlag wagte.

Zugegeben, van Etten ist vielleicht eher im Singer/Songwriter-Genre daheim. Auf „Remind Me Tomorrow“ allerdings kippt sie eine ordentliche Schippe Rotz und Zerre in ihre bluesigen Indiepop-Stücke und nähert sich in dieser Hinsicht wieder ihrem Durchbruchsalbum „Tramp“ an.

Diese „rockige“ Wirkung erzielt sie aber erstaunlicherweise mit minimalem Gitarreneinsatz: Van Etten, so heißt es, war nach dem Komponieren eines Soundtracks nämlich gelangweilt von dem Instrument. Ihr Drang zum Experimentieren führte sie zu knurrigen Leadsynthies und treibenden Drums, die das Herzstück von „Remind Me Tomorrow“ bilden.

Was bei einigen der Songs aufgrund der schieren Längen (kaum ein Stück ist unter vier Minuten) etwas gleichförmig werden kann, funktioniert bei Liedern wie „Comeback Kid“ oder „Seventeen“ ganz hervorragend – und sleazy wie Barnett singen kann van Etten außerdem. Spätestens, wenn sie „Malibu“ mitten im Song in ein einminütiges Fade-Out laufen lässt, möchte man sie anfeuern: Sharon, rette den Rock!

02.04.2019 Köln – Luxor
03.04.2019 München – Strom
05.04.2019 Berlin – Lido
06.04.2019 Hamburg – Grünspan

VÖ: 18. Januar 2019 via Jagjaguwar