Text: Christian Selzer, 31. August 2020

Postpunk: Immer dann am besten, wenn er unnötigen Ballast über Bord wirft. Man denke nur an Joy Division, DAF oder die Sleaford Mods. Ganz im Zeichen der Reduktion steht auch die Musik der US-Amerikanerin Eva Moolchan, die mit ihrem Soloprojekt Sneaks nicht mehr als einen Drumcomputer, ein paar Bass- und Synthesizerläufe sowie ihre Stimme braucht, um der Welt die Leviten zu lesen.

Rotzig und mit selbstbewusster Beiläufigkeit trägt Moolchan ihre einsilbigen Rants vor. Doch hinter den wütenden Einlassungen steckt oft fundamentale Gesellschaftskritik, die tradierten Rollenbildern den Kampf ansagt. Dazwischen zischeln Hihats in bester Trap-Manier und in den Claps hallen die Warehouse-Raves der Neunziger nach. „Do you want to go out tonight?“ fragt Moolchan gleich im ersten Song. Und warum nicht, denkt man, möchte insgeheim dann aber doch lieber zuhause bleiben, um ihren nächsten Wutanfall nicht zu verpassen. In „This World” ist es schon wieder vorbei mit der guten Stimmung, wenn sie ätzt: „I get so angry / Spit you out / You little prick”. Noch Fragen? Besser nicht. Was bleibt, ist Resignation. Und die Erkenntnis, dass produktive Wut immer noch besser ist, als an den Umständen zugrunde zu gehen.

VÖ: 21. August 2020 via Merge Records