Text: Stefan Killer, 05. Dezember 2017

Er spürt, dass seine Kraft ihn langsam verlässt. Der Marsch durch diese nebelverschleierte Einöde dauert einfach schon zu lange. Kurz vor jeder kahlen Kuppe, die er besteigt, glaubt er für einen kurzen Moment, seine Odyssee habe ein Ende und die Sonne gehe endlich auf, um bunte Wiesen und grüne Wälder – das Schöne dieses Landes – zu offenbaren. Doch, sobald er über die Kuppen blickt, entdeckt er Mal für Mal nur eine weitere Steinwüste. Das Bild, das einem beim ersten Hören des Songs „Crude Shrines“ in den Sinn kommt, ist nicht gerade menschenfreundlich. Trotzdem haben dessen Schreiber der Band Spook The Horses mit ihm und den anderen sieben Stücken ihres Albums „People Used To Live Here“ ein anziehendes wie eindringliches Manifest ihres neuen Sounds geschaffen.

Der Opener „Lurch“ ist eines der besten Beispiele auf dem Album, dass dieser effektvolle Mix aus gediegen-verzerrten Gitarren sowie atmosphärischen Synthesizern und Downtempo-Schlagzeug auch sehr gut in den Passagen ohne Gesang funktioniert. Denn in dem Instrumental kann Sänger Zach Meech, anders als etwa in „Crude Shrines“, seine Stimmbänder schonen. Er spielt auf „People Used To Live Here“ auch Schlagzeug und Gitarre. Die Zuordnung der Instrumente ist bei Spook The Horses aber ohnehin sinnlos: Alle Mitglieder der Band – mit Ausnahme von Max Telfer, der für Visuals zuständig ist – könnten laut eigenen Angaben zu jedem Stück ihre Positionen wechseln. Sie seien Multiinstrumentalisten. Was feststeht, ist deren homogenes Spiel (mit dem Hörer). Höhepunkte deutet das Sextett oft nur an, eben als solche funktionieren sie aber trotzdem.

Die meisten Lieder begannen als improvisierte Stücke, die wir im Laufe der Zeit langsam ausformulierten und weiterentwickelten. Wir wollten sicherstellen, dass die Unmittelbarkeit in einer Weise erfasst und vermittelt wird, wie wir es noch nie zuvor getan haben.

Auf den beiden Vorgängeralben ging es Spook The Horses eher um krachendes Crescendo und metallische Gitarren. Auf dem dritten müht sich die Band hingegen weniger um Härte als um beklemmende Authentizität. Selbst, wenn es so scheint, als würde sich der hoffnungslose Wanderer durch Songs wie „We All Know Your Name“ mit seinem Schicksal abfinden, die Endzeitstimmung hält sich so hartnäckig, als wäre sie mit einem Widerhaken in den Kopf des Hörers katapultiert worden. Am Ende bleibt ein Höreindruck, der gleichermaßen verstörend wie ästhetisch ist. Um einen ersten Eindruck der neuen Spook The Horses und deren Album „People Used To Live Here“ zu bekommen, eignet sich auch das Musikvideo zu „Lurch“ – es ist die Quintessenz dessen, wie schön die Postapokalypse sein kann.

VÖ: 10. November 2017 via Pelagic Records