Text: Jan-Frederic Goltz, 10. August 2018

Wow, was für ein Sommer! Wahnsinn, was für ein plumper Einstieg! Vermutlich genauso, wie der stete und undankbare Christa Päffgen Gedenkstempel, den die Künstlerin Stella Sommer mit jeder ihrer musikalischen Veröffentlichungen aufgedrückt bekommt. Halten wir die Schublade der üblichen Vergleiche zumindest für die folgenden Zeilen doch einfach mal geschlossen.

Die Analogie „Sommer“ trifft es unter diesen Witterungsumständen aber tatsächlich gut. Schließlich kann man sich der Präsenz dieses Jahrtausendsommers ebenso wenig entziehen wie der Stimme Stella Sommers – sinnlich, eindringlich und tief, wie sie nun mal ist. Einmal gehört, bekommt man sie nur schwer aus dem Kopf. Der Vergleich ist so offensichtlich wie wahr – entweder man erträgt diese brütende Hitze dort draußen oder eben nicht. Entweder man mag ihre Stimmlage oder man kann sie beim besten Willen nicht ertragen. Geschmacksache, aber einigen wir uns doch der Einfachheit halber auf ein Wort: Naturgewalt. Muss man zugeben, gilt nun mal für beide – dieser Sommer und Frau Sommer. Mitunter konnte sie in der Vergangenheit jene markante Tonart zusammen mit ihrer weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Hamburger Combo Die Heiterkeit und recht aktuell im Duett mit Max „Drangsal“ Gruber unter dem Pseudonym Die Mausis unlängst etablieren. Nun also auch als Solokünstlerin auf ihrem aktuellen Debüt.

Na, was soll da schon schief gehen? Eigentlich nicht viel. Zur Sicherheit entstand das Album in enger Zusammenarbeit mit ihren Bandkollegen von Die Heiterkeit und Mitgliedern der Gruppe Messer und wurde zudem durch die Gastmusiker Dirk von Lowtzow (Tocotronic) und Pola Lia Schulten von Zucker unterstützt. Das ist natürlich erfreulich, eine völlig aus dem Musikerfreundekosmos losgelöste Stella Sommer hätte mich persönlich jedoch etwas mehr interessiert. Tut natürlich gar nicht weh, obgleich die ersten Stücke einen zunächst etwas verschlafenen, wenig raffinierten und lustlosen Eindruck machten. Aber dann. Vermutlich auch der Moment, indem ich begriff, dass es wohl dramaturgisch gesehen genauso sein muss – sorry die viele Hitze, man möge es mir verzeihen. Es sind Lieder wie Geschichten und jedes einzelne erzählt den ganz eigenen Schwank aus dem Leben – inhaltlich, als auch musikalisch in durchweg ruhiger Stimmung und gediegener Qualität.

Dennoch ertappe ich mich nach mehrfachen hören dabei, plötzlich nur noch um fünf, statt der dreizehn (dargebotenen) „Arten des Glücks“ zu kreisen. Ich denke aber, das ist okay. „13 Kinds Of Happiness“ ist nun mal auch eine Platte der Gegensätze – oder das, was das Leben für uns bereit hält. Die Liebe und die Einsamkeit, das Glück oder das Pech, das einem widerfährt. Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt, das Dazwischen, das Undefinierte, vielleicht auch das Unausgesprochene. Huch, jetzt habe ich ganz vergessen etwas über die Musik schreiben. Muss reichen: Gesang ungewohnt vornehmlich in englischer Sprache, Gitarre, Klavier, Schlagzeug, also ernsthaft jetzt: Wer die Musik von Die Heiterkeit mag, wird dieses Album lieben. Diese Platte wird den Sommer überstehen, bis sie schließlich im Herbst ihren zweiten – und im Winter ihren dritten Frühling erleben wird. Spätestens dann wird es in voller Blütenpracht dastehen.

VÖ: 10. August 2018 via Affairs of the Heart