Text: Christian Selzer, 18. November 2020

Nein, Frohnaturen waren Suuns noch nie. Die schlingernden Drones, dissonanten Gitarrenwände und Nuschel-Vocals der experimentierfreudigen Kanadier verursachten bislang eher Seekrankheit als Good Vibrations. Und auch auf der „Fiction EP” wirbeln Suuns durch das Avantgarde-Bällebad, wie sonst nur eine Horde überzuckerter Kleinkinder.

Für ihr neuestes Werk bediente sich das Quartett einer ausgefeilten Produktionstechnik: Zunächst wurden die Songs in alle Einzelteile zertrümmern, um sie dann, einem kubistischen Gemälde gleich, zu verformen, zu verschieben und in neue Zusammenhänge zu setzen. Wer vom aktuellen Weltgeschehen noch nicht genug verunsichert ist, findet auf „Fiction EP” sicher weitere Impulse zur völligen Desorientierung.

Schon der Opener „Look” bietet einen guten Startpunkt dafür. Unheilvolle Drones bereiten den Boden für Sänger Ben Shemie, dessen Stimme zwischen Tiefschlaf und Medikamentenschrank pendelt, bis schließlich alles von einem hypnotischen Strudel geschluckt wird. Mit orientalischen Saitenklängen und Handclaps in der Geschwindigkeit von MG-Salven verdichtet sich „Breathe” zu einem manischen Mantra. „Pray” klingt dagegen fast nach den „alten” Suuns und massiert mit psychedelischen Synth-Arpeggios, sägenden Industrial-Sounds und stampfenden Beats die Hirnwindungen.

Ja, Suuns nerven immer noch wunderbar. Ihr Klangkosmos ist aber nicht gewachsen, sondern zu einem schwarzen Loch implodiert. So düster und entrückt wie auf der „Fiction EP” klang die Band wohl noch nie.

VÖ: 30. Oktober 2020 via Joyful Noise Recordings