Text: Nico Beinke, 09. Januar 2020

Der Gag ist ja eigentlich, dass The Chap während „Digital Technology“ eben nicht klingen, als ob „Algorithmen versuchen Popmusik zu schreiben, die so klingt, als wäre sie 2019 von talentierten Europäern gemacht worden“, wie der Pressetext vermeldet. Wobei diese These mehr als spannend scheint und eine allgemein diskussionswürdige Aussage trifft, also keineswegs fehl am Platze ist, aber im besten Fall noch Zukunftsmusik beschreibt. Denn: Mit welcher Eingabe müsste dieser Algorithmus denn „gefüttert“ werden, damit The Chap herauskommt?

Aber nehmen wir diese Aussage einmal stellvertretend für eine gewisse – nennen wir es ruhig grundsätzliche – Herangehensweise an elektronische Popmusik, wie sie bei The Chap seit jeher auftritt. Das Spiel mit Erwartungen, eben diese weder so wirklich zu bedienen, noch ihnen komplett zu widersprechen, um nicht aus dem Pop-Korsett auszubrechen. Wozu auch? Nennen wir es einmal Dialektik, wenn eine intelligente (sophisticated ist wahrscheinlich passender, aber schwer ins Deutsche übertragbar) Band einen Songtitel wie „Toothless Fuckface“ ausbaldowert, dann doch sicher um zu irritieren und zum Mitdenken anzuregen. Hauptseminar „Dialektik in Zeiten des unreflektierten Medien-Konsums“.

Nehmen wir nun noch den Albumtitel „Digital Technology“, der als eine Art Weiterentwicklung des „Computerwelt“-Gedankens der 1981er Kraftwerk verstanden werden könnte. Einerseits natürlich eine Band, auf der anderen Seite der zitierte Algorithmus, wie er immer mehr in unsere Leben eingreift. Gefahr und Chance zugleich, aber eines in jedem Fall: omnipräsent. Kraftwerk auch um einen eher unterkühlten Gesamtsound des Albums zu beschreiben, samt Kraut-Anleihen, der 1970er Kraftwerk. Kreidler noch hinzu, um diese These zu stützen. Es ist schwer bei „Digital Technology“ einen universell gültigen Album-Sound auszumachen. Vielleicht hilft die Erwähnung einiger Label-Buddies von The Chap auf Lo Recordings wie Aphex Twin und Four Tet. Was alle drei ganz sicher eint: Kein durchgängiger Sound, Musik als Diskurs und keine Lust auf Kompromisse.

19.01.2020 Offenbach – Hafen 2
20.01.2020 München – Unter Deck
21.01.2020 Nürnberg – Kantine
22.01.2020 Berlin – Kantine am Berghain
23.01.2020 Hamburg – Hafenklang

VÖ: 10. Januar 2020 via Staatsakt