Text: Tim Brügmann, 12. März 2019

Ein neues Kapitel? „The Hands Of Time“ titelt das neue Album der Gütersloher Chromstuhl-Aficionados von The Picturebooks. Und tatsächlich ist eine Menge Wasser den Rhein hinuntergeflossen, seitdem die Band vor genau zehn Jahren zum ersten Mal die Gitarren aufdrehte. Auf den ersten beiden Alben noch als Trio unterwegs folgte knappe vier Jahre später mit „Imaginary Horse“ die von Fynn Claus Grabke und Philip „Maddin“ Mirtschink erstmals als Duo gebuckelte Renaissance. Ein neuer Sound, ein rauerer Look und fertig war der Chopper, der sich seitdem auf amerikanischen Highways ebenso leicht fährt wie auf der hiesigen Autobahn.

Mit einer knarzenden Mischung aus tonnenschweren Schamanen-Drums, fiebriger Slide-Guitar und klagenden Vocals traten The Picturebooks über internationale Motorrad-Treffen, einschlägige Support Slots und intensives Solo-Touren ihren Siegeszug an. In knapp fünf Jahren hat sich die mächtig Gasolin tankende Skater-Bruderschaft einen vorauseilenden Ruf als erstklassige Live-Band auf unzähligen Konzerten erspielt. Egal ob Heavy-Blues oder Stoner-Rock, die Branche reißt sich darum mit diesem zunächst sperrigen aber kolossal wuchtigen und unverkennbaren Sound das Line-Up ihrer Festivals zu krönen. Mit „The Hands Of Time“ steht nach „Home is a Heartache” (2017) nun doch recht zügig das neue Album bei Century Media auf der Fußmatte und bittet mit einer Dose PBR in der Kralle um eine Runde auf dem Plattenteller.

Die erste Single „Howling Wolf“ vermochte es die Unkenrufe – The Picturebooks müssen aufpassen sich auf Album No. 3 nicht selbst zu covern – erst einmal verstummen zu lassen. Eine ungewöhnliche Catchyness und die Aufnahme von bis dato im Bilderbuch der Band ungewöhnlichen Instrumenten wie der Mandoline stechen sofort hervor. Ein erster Vorbote, der die allgemeine Stimmung auf „The Hands Of Time“ sehr gut einfängt. Nur ihrer Fangemeinde aus dem Stoner-Umfeld bis hin zu doomigen Desertrock-Gefilden haben sie eher einen Bärendienst erwiesen. Die sengende Hitze zwischen Joshua Tree und Death Valley haben The Picturebooks auf den 11 Tracks des Albums gegen Mississippi-Delta und Wildwest-Nostalgie im selbstgeschossenen Bären-Fell getauscht. Es wird Banjo gespielt, Ennio Morricone hinterher gepfiffen, die Mundharmonika bedient und sogar ein Gastspiel eingebaut. So leiht Chrissie Hynde von The Pretenders dem Song „You can’t let go“ ihre Stimme, wobei es glücklicherweise nicht zum Squaredance kommt.

Weitestgehend geglättet und leichtfüßig präsentieren sich The Picturebooks auf „The Hands Of Time“ und dürften hartgesottene Fans von Neo-Heavy-Blues-Bands wie The Devil & The Almighty Blues mit dieser eingeschlagenen Route bei der nächsten Abfährt abhängen. Vor allem die mitreißende Urgewalt von Mirtschink aka „The Beast“ sucht man auf den eher hell gefärbten Songs leider zu oft vergeblich, da die gemeinsamen Touren mit Bands wie Monster Truck, Clutch oder Blackstone Cherry wohl doch Spuren hinterlassen haben. „Beer Commercial“, heißt es da abfällig in der Kommentarspalte von YouTube und die Neider mögen fast Recht behalten, gäbe es nicht auch Momente, auf denen The Picturebooks einem die Stiefelspitze konsequent zwischen die Pobacken rammen. Ein absolutes Highlight ist das immens nach vorne panzernde „Lizard“, während „Electric Nights“ vor allem Fans der frühesten The-Picturebooks-als-Trio-Stunde ein Lächeln ins Gesicht zaubern wird. Überhaupt gewinnt „The Hands Of Time“ gerade zum Ende hin doch noch enorm („Tell Me Lies“ & „The Rising Fall“) und lässt den Fan trotz des ein oder anderen berechtigten Stirnrunzelns am Ende eines bis hierhin eher durchwachsenen Menüs mit einem vorzüglichen Dessert zurück.

Mit „The Hands Of Time“ werden Fynn & Maddin, auch wenn sich Weggefährten ihrer härteren Spielart etwas im Stich gelassen fühlen werden, mit Sicherheit Erfolge feiern. Nicht wegzuwischen ist jedoch, dass The Picturebooks zu den derzeit gefragtesten und völlig zurecht frenetisch mit Applaus überschütteten Live-Bands aus Deutschland gehören. Ein Ruf, den sie mit einigen der neuen Nummern, sofern ins rechte Bühnenlicht gerückt, auch mit Abzügen im Härtegrad auch in Zukunft gerecht werden dürften.

10.04.2019 Köln – Club Volta
11.04.2019 (CH) Zürich – Dynamo 21
12.04.2019 München – Hansa 39
14.04.2019 Wien – Chelsea
18.04.2019 Berlin – BiNuu
20.04.2019 Osnabrück – Bastard Club
21.04.2019 Hamburg – Uebel & Gefährlich
28.04.2019 Stuttgart – Club Cann
29.04.2019 Frankfurt/Main – Das Bett

VÖ: 08. März 2019 via Century Media