Text: Tim Brügmann, 08. August 2019

Unglaublich. Die Streaming-Zahlen schießen in die Millionen, die ersten Pressemitteilungen scheitern an der korrekten Schreibweise (Aufregung?) und das Internet droht zu implodieren, während anderen die pure Ratlosigkeit ins Gesicht geschrieben steht. Satte 13 Jahre haben sich die Progressive-Metal-Ikonen von Tool Zeit gelassen und präsentieren dieser Tage den Titeltrack des langersehnten fünften Albums „Fear Inoculum“.

Auf über 10 Minuten feiert die Legende rund um Frontmann Maynard James Keenan nach Jahren der zweideutigen Aussagen über den Fortschritt eines neuen Tool-Albums nun einen Song, der selbstgefälliger nicht sein könnte. Während man sich live schon seit einer Weile über die Songs „Descending“ und „Invincible“ freuen konnte, schockiert nun nicht nur das an DJ BoBos „World in Motion“ erinnernde Cover-Artwork samt neuem Logo. Vor allem die Ideenlosigkeit des neuen Outputs aus der Werkzeugkiste lässt die Stirn Falten schlagen. Ein gewisser Groove ist vorhanden, die Musiker mit Talent gesegnet, doch mehr passiert nicht.

Während MJK auf der Spielwiese seiner Nebenprojekte A Perfect Circle und Puscifer einiges an Erfahrung sammeln und sich in alle 360 Grade ausprobieren konnte, hat es den Anschein als seinen Adam Jones, Justin Chancellor und Danny Carey nie aus dem Schummerlicht des Proberaums hinaus in die Welt getreten. „Fear Inoculum“ ist nichts, was Tool nicht schon zu Tode durchexerziert hätte, und damit auch noch mehr als fünf Minuten zu lang. Darüber hinaus lässt ein Blick auf die Tracklist bei Songs zwischen 10 und 16 Minuten den Hinweis „Make sure to take breaks and stay hydrated!“ durchaus angebracht erscheinen. Lediglich einen Sicherheitsgurt braucht es angesichts der ersten Single vorerst nicht. Ohne Höhen und ohne Tiefen, weist uns das müde in einen Song gegossene EKG darauf hin, dass Tool lediglich noch am Leben sind.

Auf den Marketing-Coup, als einer der letzten Major-Artists das Gesamtwerk doch noch auf sämtliche Streaming-Dienste zu erweitern und den Nostalgie-Ofen damit kräftig anzuheizen, folgt die Offenbarung, dass Tool im Jahre 2019 leider keine stylische Patina aufweisen, sondern wie eine Visitenkarte mit VR-Code ärgerlich angestaubt wirken. Sicher ist es wenig ratsam, einen neuen Tool-Song außerhalb des Alben-Kontexts zu hören. Nach 13 Jahren kann mehr vom Gleichen, dem Hype um eine unnötig verkopfte Band und ein peinliches PR-Versteckspiel trotzdem nicht gerecht werden.

Ob es am Ende eine Tri-Fold Softpack Video-Broschüre samt 4″-HD-Screen und exklusivem Videomaterial, einem USB-Ladekabel, eingebauten Boxen, einem 36-seitigen Booklet und einer MP3-Downloadkarte (!!!) herausreißen wird? Tools fünftes Album „Fear Inoculum“ erscheint am 30. August über RCA Records.

VÖ: 30. August 2019 via Sony / RCA