Text: Julian Neckermann, 24. Oktober 2019

Ich bin immer noch froh, dass „Lieder vom Tanzen und Sterben“ den Weg in mein Plattenregal gefunden hat. Die Solo-Scheibe von Paul Plut ziehe ich regelmäßig wieder raus und noch immer beschert sie mir Gänsehaut. Mit Martina Stranger und Christoph Lederhilger kehrt Plut mit Viech wieder als Trio zurück und legt den Nachfolger zu „Heute Nacht nach Budapest“ vor – und dieser hat mich ehrlich überrascht: Wurde hier noch das Fernweh, die Flucht, das Drücken von Verantwortung besungen, richtet man mit „Niemand wird sich erinnern, dass wir hier waren“ den Blick nach innen und nach Hause.

Gleich bleibt das wunderbare Textgeschick (bei meiner Vorgängerbesprechung ließ ich mich schon zum Adjektiv „genial“ hinreißen), das alle Alben von Viech zu einem absoluten Hörgenuss macht. Musikalisch trägt es auch noch die DNA des Vorgängers, was an dem erneuten Mitwirken von Stranger und Lederhilger liegen mag: Bluesig, poppig, rockig. Das mag recht beliebig und belanglos klingen; tatsächlich greifen diese Kategorien auch zu kurz, denn Viech verstehen es ihrer Musik einen sehr eigenen Stempel aufzudrücken und aus den verschiedensten Einflüssen eine unverkennbare Mélange zu kreieren.

Extrem spannend fand ich die hinzukommende Verneigung vor den Popgrößen aus der Jugend der Viech-Mitglieder, die ich zu erkennen glaube (R.E.M. und The Cure u.a.) – manchmal klingt das sogar wie AOR („In der Nacht“, „Ich lieb dich (tu nur so)“). Dabei schaffen sie es trotzdem, nie wie Kopisten oder aber auch zu verkopft, zu konzeptuell zu klingen. „Niemand wird sich erinnern, dass wir hier waren“ erweist sich wieder als ungemein leicht hörbar, obwohl die Texte diesmal mitunter melancholischer, ja erwachsener ausfallen, wo sie bei „Heute Nacht nach Budapest“ von der Leichtigkeit jugendlicher Verantwortlichkeit, die nicht an Morgen denkt, geprägt waren.

Aber bitte nicht falsch verstehen: Wir haben es hier absolut nicht mit einem Downer zu tun. Wir alle werden älter und auch bei Viech haben heuer alle die 30er Marke geknackt und auch Familien gegründet – für den einen läuft es so, für den anderen anders oder auch nicht; man erinnert sich beim Hören aber immer wieder gerne an die Unbeschwertheit der eigenen Kindheit und Jugend und muss vielleicht sogar mal ein Tränchen verdrücken. Sehr schön gemacht!

29.11.2019 (AT) Öblarn – [ku:L]
10.12.2019 (AT) Wien – Konzerthaus (Album-Release)
27.01.2019 Berlin – Monarch
28.01.2019 München – Milla
29.01.2019 Stuttgart – ClubCann
30.01.2019 (CH) Bern – tba
31.01.2019 (AT) Hard – Kammgarn

VÖ: 25. Oktober 2019 via Abgesang