Text: Stefan Killer, 23. Mai 2017

Der Zeitpunkt der Veröffentlichung könnte im Fall des neuen Albums von Wavves nicht besser gewählt sein – entpuppt sich „You’re Welcome“ nach dem ersten Hören doch als die reinste Sommerhit-Orgie. Dabei wirkt das kürzlich veröffentlichte Werk der kalifornischen Pop-Punker wie ihre eigene Version 2.0. Nach dem zweiten Hören wird dann klar: Hier passiert viel, was über das Genre hinausgeht.

Obwohl die Band sich für das neue Material auf ihre DIY-Wurzeln besonnen und ihr sechstes Studioalbum in Eigenregie veröffentlicht hat, wird der Hörer nur selten mit grobem Akkord-Geschrammel allein gelassen. Das gibt es schon auch. Die Quintessenz des neuen Wavves-Albums sind aber nicht etwa die Powerchords, sondern effektgeladene Pop-Melodien.

Nicht falsch verstehen, das Album ist durch und durch vom Punk geprägt: alle Songs verfolgen eine klare Strophe-Refrain-Struktur, kaum einer überwindet die 3-Minuten-Hürde. Uptempo ist die bevorzugte Gangart. Doch so poppig die elf Songs wirken, so vielschichtig sind sie. Niemals beliebig, immer (musikalische) Freiheit ausstrahlend. Das Grundgerüst mögen Minimalisten aufgestellt haben; was sie damit erschaffen haben, sind dennoch imposante Klangkonstrukte. Oft untermalen fett-aufgeblasene Synthie-Ballons die eher krachenden Drums und verleihen ihnen mehr Tiefe. Ab und an wird – entweder über den mitreißenden Gesangschören oder den Gitarren – auch mal eine typisch-postmoderne Hallfahne gehisst.

Die meisten Soundeffekte, die Wavves auf „You’re Welcome“ verwenden, sind dann aber doch eher experimenteller Natur. Mitgrölmonstern wie dem Titeltrack oder „Million Enemies“ kann sich wohl kaum einer entziehen. Wenn Pop-Punk künftig so klingt wie Wavves auf „You’re Welcome“, ist das Genre im 21. Jahrhundert angekommen. Endlich.

VÖ: 19. Mai 2017 via Ghost Ramp