Text: Jan-Frederic Goltz, 09. Juni 2017

Dass elektronische Musik vielschichtig und komplex oder aber monoton bis langweilig sein kann, ist allseits bekannt. Und in letzteres Genre gerät man beim Midi-Bauklötzchen-Schieben sehr schnell hinein. Das es trotz dieser Tatsache immer noch mutige und experimentierfreudige Musiker gibt, die einen qualitativen Anspruch beim komponieren verfolgen, ist in diesem Kontext besonders erfreulich. Das Münchner Duo 1115 bringt mit „Post Europe“ ein verspieltes und durchweg gelungenes Album ans Tageslicht. Und das liegt bestimmt nicht nur daran, dass es von Mastermind Markus Acher und Cico Beck (The Notwist, Joasihno) co-produziert wurde. Die Musik machen schließlich noch die Künstler selbst. Den Gesang hoffentlich auch.

Das ganze klingt dann ungefähr so: Rave-Elemente ohne sich gleich im dreckigsten Club der 90er wiederzufinden (Negerplastik). Verquere Drumpattern, die der ambitionierte Platten-Digger vermutlich nur auf Workshop EP’s findet (Imperial Luv). Nicolas Jaar Momente, gepaart mit wilden Rhythmen (People Get Ready). Schleppende Zeitlupen Beats, bei denen man sich uneins darüber ist, ob am Plattenspieler das richtige Tempo eingestellt ist, es aber genau so gut findet und einfach laufen lässt (A Brown Baby Plan) oder aber Hi-Hats, die sich langsam aus melodiös stotternden Gesangfragmenten herausschälen (Ras The Destroyer) — doch was bringt es sich jetzt durch die insgesamt elf Tracks hindurch zu philosophieren, wenn die Beiden sich bei jedem einzelnen Stück so viel Mühe gemacht haben? Wo bleibt da die Überraschung? Vielleicht ganz gut zu wissen: „Post Europe“ kann ein unbequemes und sperriges Album sein. Wer also gediegenen Pop erwartet, ist hier definitiv an der falschen Adresse.

Das Label Alien Transistor geht mit der Band einen interessanten und mutigen Weg und dieses Werk sollte in keinem gut sortierten Plattenladen mit avantgardistischen Tendenzen der elektronischen Sparte fehlen. Ebenso wenig im eigenen Regal, wenn man sie denn in einem dieser Läden findet. Wiederkehrendes und stets akzentuierendes Element scheint eine 808 oder zumindest ein Drumcomputer mit ähnlichen Sounds sein. Entweder in Form der Kuhglocke, einer halboffenen Hi-Hat oder der klassischen „snappy“ Snare. Wenn man mich persönlich fragt: Still needs more Cowbell.

VÖ: 09. Juni 2017 via Alien Transistor