Text: Alex Schulz, 14. Mai 2021

Es sind ein paar Jahre vergangen seit 2015. Und vieles hat sich verändert. Die AfD geisterte damals zum Beispiel noch nicht im Bundestag herum, der Trump-Populismus hatte noch nicht Hochkonjunktur und die größte Virenplage war eine fernliegende Epidemie namens Ebola. Heute schreiben wir das Jahr 2021 und erwischen den Pessimisten in uns dabei, wie dieser kurze Zeitsprung aus heutiger Sicht schon einen eher unerfreulichen Beigeschmack hat. Glücklicherweise war die Zeitspanne nicht lange genug, um uns als Menschheit ans Ende jeglicher Zivilisation zu manövrieren – aber wie sähe es da denn auch überhaupt aus?

Die Band Aloa Input fand ihrerseits zwischen 2016 und 2020 genug Zeit, um in sage und schreibe knapp 50 Songs dieser Frage auf den Grund zu gehen. Daraus entsprang auch das dritte Album der Supergroup für Indie-Nerds, namens „Devil’s Diamond Memory Collection”. Die Zusammenstellung enthält zwölf Tracks, die ihre eigene Geschichte aus einer jeweils entfremdeten Zukunft heraus erzählen. In der Retrospektive wird der Mensch als sein eigener Endgegner herausgeschält. Eine Spezies, die es versteht, sich selbst zu besiegen, manchmal aber auch mit einem blauen Auge davonkommt. Ob es ein Happy End ist, zum Beispiel von seinem Mutterplaneten zu fliehen, sei allerdings dahingestellt. Ganz unbefangen wird als letzte Liedzeile des Albums jedenfalls von Menschen- und Computerstimmen gleichermaßen konstatiert:

the universe keeps a lot of places to go.

Soweit der Teaser für das extrem spannende Storytelling des Konzeptalbums rund um Posthumanismus und Singularität der Technologien, jederzeit schwankend zwischen Utopie und Dystopie. Auf musikalischer Ebene wirkt das Album ebenfalls ungemein ausgereift und wie aus einem Guss gefertigt. Oder, um direkt mit der Tür ins Haus zu fallen: es ist einfach bockstark! Wenn gegen Ende des Jahres die Bestenlisten gewälzt werden und dieses Album unter dem Radar geflogen ist, wird hier auf Neølyd noch einmal ein Rant darüber veröffentlicht, so viel sei versprochen. Der Reifegrad von „Devil’s Diamond Memory Collection” sollte es aber erlauben den Schuhen der The Notwist- oder New Weird Bavaria-Bubble zu entwachsen und Aloa Input endgültig zu einer Institution werden zu lassen.

Waren die beiden schon wirklich tollen Vorgängeralben „Anysome“ und „Mars etc.“ noch erkennbar ein Sammelsurium unterschiedlichster Genre-Einflüsse, quasi eine hörbare Spielwiese bisher unerprobter Stilrichtungen für die drei Bandmitglieder, so wartet die dritte Scheibe nun mit einem gefestigten Soundbild auf. Es geht in Summe etwas langsamer und düsterer, aber dennoch weniger verkopft als früher zu. Die Stärken jedes einzelnen Musikers im Trio kommen besser zur Geltung als je zuvor. Das Beat- und Effektgefrickel Cico Becks (Joasihno, The Notwist) harmoniert perfekt mit dem Songwriting Florian Kreiers (Angela Aux) und dem gemeinsamen (Sprech-)Gesang mit Marcus Grassl (ehem. Missent to Denmark). Insgesamt ergibt sich so ein Experimental Pop mit einer zeitlosen musikalischen Note, der in Playlisten zerstückelt weniger funktionieren dürfte, in 42 Minuten auf dem Plattenteller aber beeindruckende Sogwirkung entfaltet und in seiner ausgeglichenen Grundstimmung sowieso absolut alltagstauglich ist.

Neben den bereits vorgestellten Singles „Desert Something“ und „Make It Rain“, ist auch ein Open Tape von Aloa Input bei Neølyd zu finden. Eine dringende Empfehlung für alle, die ein Stück weiter in die Köpfe der Bandmitglieder schauen wollen oder einfach nicht genug von dem Kontext des wahnsinnig guten „Devil’s Diamond Memory Collection” bekommen.

16.07.2021 Offenbach – Hafen 2
17.07.2021 Donaueschingen – Kulturbahnhof
21.07.2021 München – Schauspielhaus
08.09.2021 Nürnberg – Z-Bau
09.09.2021 Jena – Glashaus im Paradies
10.09.2021 Berlin – Berghain Kantine
12.09.2021 Hamburg – Knust Open Air Stage
13.09.2021 Köln – Bumann & Sohn
14.09.2021 Mainz – Schon Schön
15.09.2021 Karlsruhe – Toujours Kultur Sommer
16.09.2021 Stuttgart – Merlin

VÖ: 15. Mai 2021 via Siluh Records