Text: Stefan Killer, 11. März 2020

Body Count legt Album Nummer sieben vor: Mit „Carnivore“ will die kultige Formation um Rapper Ice-T 30 Jahre nach Gründung wissen, ob Crossover noch genauso funktioniert wie Anfang der 1990er-Jahre. Und dabei sind sie nicht allein.

Während zur damaligen Zeit Thrash-Metal und Westcoast-Rap erstmals um die Gunst der subkulturellen Hörerschaft konkurrierten, hat wohl kaum jemand geahnt, dass es die Genres Jahrzehnte später immer noch als Symbiose geben würde. Und Body Count trugen nicht ganz unterbrechungsfrei maßgeblich dazu bei. Das nennenswerte Comeback gelang aber erst 2017 mit dem Album „Bloodlust“. Nun soll „Carnivore“ als kommentierendes Zeitdokument noch einen obendrauf setzen – was leider nur bedingt gelingt.

Mit dem Titeltrack reihen sich die Musiker ein in eine moderne Heavy-Tradition, die auf aktive Tonabnehmer an den Gitarren setzt, um der Hörerschaft Klänge um die Ohren zu ballern, die tiefer, verzerrter und doch definierter kaum sein könnten. Die Beats, die das Fundament für Ice-Ts unnachahmlichen Metal-Flow bieten, wirken damit umso härter und prägnanter. Zeit zum Bouncen und Bangen, um im Traditionsvokabular zu bleiben.

In der Nineties-Schublade gekramt.

Trotzdem sind Coverversionen von Songs wie „Colors“ oder „Ace of Spades“ – mit etwas pathetisch realer Skit-Ansage – eher lückenfüllend und wenig durchdacht. Die Gesellschaftskritik aus dem Mund des ehemaligen „Cop Killer“-Provokateurs wirkt heute überholt. Als hätte Ice-T aus der Nineties-Schublade die Tried-and-tested-Verse gekramt. Schade eigentlich. Auch die Handschriften der hochrangigen Gastmusiker kommen leider zu wenig zum Zug: So sind Dave Lombardo und Jamey Jasta auf dem Album vertreten, wirklich weiterführend treten sie aber nicht in Erscheinung. Einzig „Point the Finger“ mit Vocals von Riley Gale dürfte zeitgenössische Metal-Herzen höher schlagen lassen.

Auch das eher feinfühlige Feature mit Amy Lee ändert kaum was daran, dass das siebte Album von Body Count nicht viel mehr ist als eine zu sehr gewollte Nostalgieplatte. Menschen, die etwa so alt sind wie die 30 Jahre Bandgeschichte dürften „Carnivore“ maximal als Pogovorlage zücken. Die Gen Z feiert dazu, solange die 90er noch im Retrotrend sind. Und die Älteren? Wollen’s noch mal wissen und nutzen „Carnivore“ lediglich als Warm-up für einen letzten Gig mit „so richtig harten Metalheads aus den Vereinigten Staaten“. Nicht mehr und nicht weniger.

24.06.2020 Berlin – Tempodrom
27.06.2020 (AT) Wien – Arena
29.06.2020 Oberhausen – Turbinenhalle
01.07.2020 München – Tollwood Festival
02.07.2020 (CH) Zürich – Komplex 457

VÖ: 06. März 2020 via Century Media