Text: Christoph Walter, 29. Oktober 2018

Supergroups sind so eine Sache für sich: Allzu oft ist das Endprodukt längst nicht so super wie erhofft, weil sich entweder mehrere große Talente etwas unbeholfen gegenseitig im Weg stehen oder noch größere Egos keine Lust haben, sich zum Wohle der Sache ein wenig zurückzunehmen.

Das alles ist bei boygenius zum Glück nicht der Fall. Julien Baker, Phoebe Bridgers und Lucy Dacus harmonieren im Trio so gut, dass man fast vergessen könnte, dass statt einer „richtigen“ Band der drei unheimlich talentierten US-Songschreiberinnen ursprünglich nur eine Single für den Merchandise-Tisch einer gemeinsamen Tour geplant war. Die eine zwingende A-Seite lässt sich dann auch auf der namenlosen EP von boygenius nicht ausmachen — vor allem deshalb, weil einfach alle Songs ziemlich grandios sind. Angefangen vom ebenso spröden wie eingängigen „Bite the Hand“ über „Me & My Dog“, das im Collegerock-Radio der 90er Jahre vermutlich rauf und runter gelaufen wäre, bis hin zu „Stay Down“, das sich nach fast geflüstertem Beginn bis ins Hymnische steigert, und dem abschließenden „Ketchum, ID“, in dem in allerbester Countrymanier und mit hinreißendem Dreifachgesang das harte Vagabundenleben beklagt wird.

So bleibt am Ende als einziger Wermutstropfen, dass der Zauber nach sechs Songs und etwas mehr als 20 Minuten schon vorbei ist. Bleibt zu hoffen, dass Julien Baker, Phoebe Bridgers und Lucy Dacus bald mal wieder Zeit finden für boygenius.

VÖ: 26. Oktober 2018 via Matador Records