Text: Nico Beinke, 20. Dezember 2019

Wozu eigentlich heutzutage noch eine MTV Unplugged-Session einspielen? „We had two Unplugged Records in our CD collection growing up and I know those records inside out because we listened to them every day.” Die wahrscheinlich beste Begründung überhaupt: Der persönliche Bezug zu der ehemals immens einflussreichen Konzert-Reihe. Leider wird sie nicht explizit, aber wahrscheinlich handelt es sich um die Sessions von Nirvana und Alice in Chains, da Courtney Barnett als glühende Anhängerin der Seattle-Bands gilt. So merkwürdig es nun klingen mag, aber ihre Version von Folk steht der zu früh verstorbenen Generation um Kurt Cobain und Layne Staley genauso nah, wie der der unverwüstlichen Liedermacher und Geschichtenerzähler um Bob Dylan und Leonard Cohen. Auch wenn Cohen seit nunmehr drei Jahren tot ist, seine Songs sind es nicht, mit „So Long, Marianne“ an achter Stelle ist der Beweis erbracht, dass danach nichts mehr folgen kann und Gott sei Dank auch nicht muss.

Was kann einem noch lieber sein, als junge Musiker, die keinen Wert auf Konventionen legen? Richtig, die die sich dazu einer gewissen Verantwortung gegenüber der Historie bewusst sind. Ganz allgemein, nicht nur im Musikalischen. Auch hierzulande könnte es wieder ein paar Biermanns und Degenhardts gebrauchen, die nicht mehr mit den „Schmuddelkindern“ spielen mögen. Courtney Barnett covert an dritter Stelle mit „Charcoal Lane“ einen Song von Archie Roach, einem Angehörigen der stolen generation of aboriginal people Australiens. Zusammen mit Paul Kelly, der 1990 das gleichnamige Album von Roach co-produzierte, spielt sie – ohne erhobenen Zeigefinger – einfach nur diesen Song. Mit Kelly (unter anderem Paul Kelly & the Messengers) eint sie die bemerkenswerte Gabe fürs Detail – die Musik ist in vielerlei Hinsicht oft selbsterklärend, wenigstens die qualitativ hochwertige wie in diesem Fall.

Mit „Depreston“, „Sunday Roast“ und „Avant Gardener“ gibt es bereits bekanntes Liedgut aus der Feder Barnetts und mit „Untitled (Play It On Repeat)“ noch gänzlich Ungehörtes, plus wohlmeinenden Imperativs, bzw. eines unverbindlichen Hörbefehls. Dem mag ich mich gerne anschließen: Drum höret der Dame Wort (und Gitarrenspiel)!

VÖ: 06. Dezember 2019 via Marathon Artists