Text: Stefan Killer, 28. Juli 2020

Wäre Musik eine Glaubensgemeinde, Crack Cloud brächte deren Pfaffen hervor. So symbolträchtig die Promobilder des Kollektivs um Mastermind Zack Choy sind, so divers sind die Klänge der dazugehörigen Platte: Auf „Pain Olympics“ macht die siebenköpfige Band aus Kanada, was sich seit dem Tod Herrn Zappas in der Radikalität kaum jemand getraut hat – anziehende Musik (scheinbar) ohne Zweck und Richtung.

Zack Choy wirkt stets nur wie der Funke, der die gefühlt zwei Dutzend musikalischen Einflüsse und Stile in Wallung bringt. Der eröffnende Track „Post Truth“ steht Pate für die vorangegangene These: Darin konkurrieren Alternativerock-Gitarren und andere Eingabegeräte mit Call-and-response-Passagen und archaischem Chor, der an kunsttrunkenen Schlagerkitsch der 1970er-Jahre erinnert. Dazwischen passieren eine Handvoll Lieblingsspielweisen der einzelnen Bandmitglieder, so scheint es. „Tunnel Vision“ hingegen hat etwas von subkultureller Revolution im Rausch tiefbassgestützter Postpunk-Rufe, ehe der goldene Schuss zum transzendenten „Angel Dust“ fällt.

Subversiv und Spaß dabei

Was diese heterogene Klangpalette so spannend macht, ist nicht zuletzt die Anreicherung mit Samples und instrumental wiedergegebenen Zitaten der Popmusikgeschichte. Dazu kommt ein latent aggressiver Unterton, der versucht, das Chaos in einen Kanal zu lenken. Eins vereint die Glaubensgenossinnen und –genossen in Crack Cloud doch: ihr Streben nach der subversiven Macht der Vielen.

Sie üben Kritik an System und Gesellschaft – eher mit Spaß als mit Nachdruck. Sie erwähnen Missstände und kehren sie mit der nächsten Synthiefigur sofort wieder unter den Tisch. Am Ende erscheint „Pain Olympics“ wie ein futuristisches Manga-Spin-off eines längst vergessenen Schauspiels, eine musikalische Verschiebung von Zeit im Notenraum. Und genau diese Bilder lassen die Finger immer wieder auf die Wiedergabe-Taste gleiten. Sie helfen, Schmerz zu lindern, Gewohnheiten loszulassen, die inklusive Utopie zu erahnen.

VÖ: 17. Juli 2020 via Meat Machine / Tin Angel Records