Text: Maximilian Heß, 13. August 2021

Enthusiasten elektronischer Musik dürften Desire Marea bisher in erster Line als Teil des Südafrikanischen Duos FAKA kennen. Mit seinem Solo-Debüt “Desire” öffnet er sich nun noch weiter experimentellen Einflüssen. Heraus gekommen ist ein schwer einzuordnendes Album, das nach dem Hören nicht mehr loslässt.

“Desire” ist ein Album, das sich nicht wirklich um Konventionen schert. Wie es im diffusen Genre Experimental fast schon zum guten Ton gehört ist auch das Album von Marea geprägt von Stilwechseln, Brüchen und radikalen Arrangements. Dabei offenbart sich die Qualität von “Desire” immer dann am meisten, wenn es sich, zumindest teilweise dem Pop annähert. Beispielsweise im melancholischen “You Think I’m Horny”, das zwischen rickrolling, düsteren House-Beats und Chorälen in endlosen Hall-Schleifen große Pop-Momente schafft. “You Think I’m Horny, Baby you arouse me. But I don’t wanna Fuck with you. I just wanna be with you.” Man könnte solchen Lyrics eine gewisse Grobschlächtigkeit vorwerfen, im musikalischen Kontext sind sie allerdings passend. Ein Album, das so brutalistisch klingt wie “Desire” funktioniert am besten mit Texten, die ebenso straight forward sind.

Es ist spannend zu hören, welche Bandbreite innerhalb der elektronischen Musik Desire Marea abzudecken vermag. Zwischen electronica Parts, die so auch von Faithless stammen könnten sind vor allem zwei Elemente für “Desire” charakteristisch: Das Zeremonielle in der Musik und der Rückbezug Mareas auf seine eigenen, südafrikanischen Wurzeln. Es finden sich immer wieder Lyrics in Zulu auf dem Album. Wie im Track “Zibuyile Izimmakade”, der zeremonielle Motive mit beschwörenden Lyrics und schnellen Techno-Beats vermischt und so durchaus als Soundtrack für einen Postmodernen Kult fungieren könnte.

Dabei begeht “Desire” aber weder den Fehler der Eindimensionalität noch den der Selbstüberhöhung. In den komplexen und teils sehr intimen Lyrics von Marea finden sich unter anderem auch Referenzen auf die Anime-Serie “Dragoball Z”. Sowas tut dem Album gut. Zum Einen zeigt es, dass auch Marea weiß, dass ein Album dieser Art nicht permanent von heiligem Ernst sein kann, außerdem gibt es “Desire” den Schuss Authentizität, der nötig ist um das Album von all den anderen Experimental-Spielereien abzugrenzen. So ist “Desire” ein Album, das Paradoxe auflöst: Es ist sperrig und poppig, religiös inszeniert und intim, zerfasert und stringent, todernst und verspielt. Es ist ein Album voller Widersprüche und gerade deshalb ein sehr spannender Release.

VÖ: 13. August 2021 via Mute