Text: Esther Sambale, 31. Januar 2020

Ich weiß nicht, wie Dan Bejars Küchentisch aussieht, an dem er sein 13. Album „Have We Met“ aufgenommen haben soll. Ich weiß nicht mal, ob Dan Bejar besonders gern trinkt oder raucht. In meiner Vorstellung sitzt er da jedenfalls allein in seiner Küche, im schummrig-warmen Licht an diesem massiven Holztisch auf dem zwei Flaschen Rotwein stehen. Eine dritte in Reserve. Draußen ist tiefschwarze Nacht. Er trägt ein dekorativ zerknittertes Leinenhemd zur ebenso knittrigen Chino-Hose und eine schöne Schwere im Blick. In der Luft hängen Rauchschwaden, Wortfetzen wabern durch den Raum. Bejar sitzt, denkt, raucht, trinkt und singt sein poetisches Selbstgespräch. Was ich ebenfalls nicht weiß ist, wovon Bejar da eigentlich ganz genau singt. Ehrlich gesagt: Ich habe keine Ahnung. Aber ein Gefühl. Eines das ich auch habe, wenn ich an David Lynchs Red Room in „Twin Peaks“ denke. Eigentlich ist alles schön flauschig, aber irgendwas stimmt da nicht.

In „Crimson Tide“, dem ersten Stück auf „Have We Met“, legt sich Bejars Stimme über eine gute Popmelodie. Ein Lied, das ab Minute 1:10 für einen Moment wie ein toller 80er-Jahre-Vorabendseriensoundtrack klingt: Rivalen der Rennbahn trifft Praxis Bülowbogen trifft Schwarzwaldklinik. Auf „Have We Met“ lauern aber auch jede Menge Textzeilen wie „When you’re looking for something / In the palm of your hand / It disappears / Before your very eyes“ (The Man in Black Blue’s) oder „Look at the world around you! Actually, no don’t look“ (The Raven) und „Did you realize it was hollow? Like everything that’s come before, you are gone“ (Cue Synthesizer).

Apropos Synthesizer: Nachdem Bejar seine Weissagungen aus jahrelang gesammelten Skripten, die ursprünglich für andere Projekte vorgesehen waren, eingesungen hatte, schickte er sie an seinen Bandkollegen und Produzenten John Collins. Collins fügte Drums, Bass und Synthesizer hinzu sowie die Gitarre von Nic Bragg. Entstanden ist eine hörenswerte Kollektion atmosphärisch dichter und düsterer Destroyer-Songs. Am Albumende verabschieden sich Destroyer mit „Foolssong“ und einem Schwarm dissonant summender Amokbienen. Fast so als würde das Orakel von Vancouver fragen: „Misanthrop*innen aller Länder, hört ihr die Signale?!“

21.04.2020 Nürnberg – Z-Bau
24.04.2020 Berlin – Bi Nuu
25.04.2020 Leipzig – UT Connewitz
02.05.2020 Schorndorf – Manufaktur

VÖ: 31. Januar 2020 via Dead Oceans