Text: Oliver Schröder, 05. Februar 2021

Neue Musik von alten Instanzen ist uns in diesen Zeiten willkommener als je zuvor. Denn wenn die Regierung jetzt nicht vom Sattel fällt, dann schaffen wir das auch. Auch wenn es sich merkwürdig normal anfühlt, dass wir den Leuten in die Wohnzimmer gucken dürfen, um ihnen beim Musikmachen, Lesen oder Leben zuzugucken. Auch wenn wir unsere Helden mittlerweile vor allem aus überbelichteten Videostreams kennen. Auf den Promofotos sitzt die Band auf Fahrrädern und stützt sich gegenseitig, damit keiner umfällt. Moment mal! Dürfen die das überhaupt?

Die für März geplanten Tourdaten lesen wir mittlerweile wie die Oma, die in der Tageszeitung als erstes die Todesanzeigen durchgeht: „Ach, guck an. Der Rossmy ist auch bald abgesagt!“ An die Stelle von Ereignissen, die man riechen, schmecken und fühlen kann, sind joggingbebuchste Alleinunterhaltungen getreten. Zeit, um sich mal so richtig in die Plattensammlung zu vergraben; Zeit für das 1000-Teile-Puzzle, das schon seit sechs Jahren im Schrank liegt. Und überhaupt: Wohin mit der ganzen Zeit?

So gering der Abstand zu den Vorgängeralben “Raus” und “Was” auch ist, so anders ist die Welt, in die „Da“ ungebremst reinschrubbt. Die zehn Songs markieren den Übergang vom echten Leben ins isolierte. Da ballert man zwar immer noch geradeaus in Richtung Liveauftritt, aber kann sich dann immer noch schön Zeit für das Kleinteilige lassen. „Der Witz Ist“ gniedelt und kracht durch die Eingangstür: weit weg von DIY, aber auch nicht so fett aufgepumpt, dass er im Rahmen steckenbleibt. „Alles Lüge, alles gut“ klingt schon sehr altersweise nach vielen Stunden im Proberaum. Zu „Wer Bin Ich“ können dann ganz ungeniert die Yogamatten ausgerollt werden. So tiefsinnig wie unverbindlich schwurbelt Rossmy durch Beatles-Harmonien und lässt die Welt plötzlich ganz klein werden. Auf „Da“ gibt es in den Ritzen des Popsofas einfach so viel Neues aus der alten Welt zu entdecken, dass für das 1000-Teile-Puzzle dann doch nicht mehr genügend Zeit übrig ist.

10.09.2021 Berlin – Badehaus Berlin
11.09.2021 Hamburg – Knust
12.09.2021 Köln – Subway
14.09.2021 Karlsruhe – KOHI-Kulturraum
15.09.2021 Stuttgart – Merlin Kulturzentrum
16.09.2021 München – Glockenbach Werkstatt

VÖ: 05. Februar 2021 via Staatsakt