Text: Oliver Schröder, 15. April 2022

Hol den Vorschlaghammer! Nachdem es mit dem Debütalbum „Im Flausch“ zwischendurch auch mal raus ins Grüne ging, bekommen wir mit dem selbstbetitelten zweiten Album der Gruppe Die Wände genau die klaustrophobische, graue Großstadtmusik, die wir alle seit zwei Jahren im Herzen tragen.

Für die volle Die-Wände-Experience vorab folgender Tipp: Am besten guckt man sich Laufzeit und Trackliste gar nicht an und lässt sich stattdessen ganz unvorbereitet auf die Stücke ein. Dann nämlich lässt sich „Die Wände“ wie ein urbaner Survivaltrip angehen. Kanaldeckel werden zur Seite geschoben, Türen aufgebrochen und wieder verbarrikadiert. Gleich zu Beginn lässt einen „Die ewige Baustelle” so orientierungslos zurück als hätte man sich mit verbundenen Augen im Kreis gedreht. Immer wieder werden falsche Fährten gelegt und es müssen Umwege gemacht werden, um ans Ende des Songs zu gelangen. Wo ist überhaupt der Anfang, wo das Ende? Alles dreht sich, alles bewegt sich, überall ragt etwas raus, nichts ist richtig fertig. Dann gehen alle nach Hause, morgen ist ja auch noch ein Tag. Berlin als ewige Prokrastinationserfahrung.

Gleichermaßen gleichgültig wie fieberhaft beschwert sich Carsten von Postel 20 Jahre nach Wir Sind Helden über gesellschaftliche Erwartungshaltungen. Dabei bleibt alles hübsch kryptisch und parolenhaft: „Müssen nur sollen/ drinnen oder draußen/ kein innen und kein außen“. Die Stärke des Albums liegt aber vor allem in dem Neongestrüpp, das um den Gesang herumwuchert. Kurz und schmerzhaft, lang und ausufernd – hinter jeder Hausecke lauert das Unerwartete. Postpunk ist endlich mal wieder gefährlich.

16.04.2022 Berlin – Schokoladen
12.05.2022 Köln – Bumann & Sohn
13.05.2022 Solingen – Waldmeister
14.05.2022 Dortmund – Hafenkombüse

VÖ: 15. April 2022 via Glitterhouse Records