Text: Nico Beinke, 19. November 2019

„If we did dig precious things from the land, we will invite disaster”. Diesen Satz stellt Helen Ganya Brown ihrem Song „Fall Empire“ voran und sampelt diesen gebetsmühlenartig, auf dass er sich einbrennen möge in die Hirnwindungen aller Betroffenen. Also Aller! Diese selbsterfüllende Prophezeiung entlehnt sie einem Dokumentarfilm von 1982 namens „Koyaanisqatsi“, die ursprünglich vor allem als Fortschritts-Kritik verstanden werden wollte, aber im Zeichen der drohenden Klimakatastrophe einer eindeutigen Rezeption offen steht.

Dog In The Snow ist Helen Ganya Browns Vehikel, deren einzige Kapellmeisterin sie selbst ist. Der Titel „Vanishing Lands“ – zugleich ihr Langspiel-Debüt – ließe sich sowohl als Prognose, als auch als Wunsch verstehen; denn einerseits werden einige von uns noch erleben, wenn die Meeresspiegel ins Unvorteilhafte steigen, andererseits würde es langsam Sinn ergeben auf Ländergrenzen zu pfeifen – es gibt Wichtigeres zu tun, als Zäune zu errichten.

Und genauso klingt Dog In The Snow: Düster prophetisch, aber nicht hoffnungslos verloren. Nach überschwänglicher Kate Bush der Anfang 1980er Jahre, aber auch nach der gothic-inspirierten Zola Jesus der „Stridulum II“-Ära. Mal exaltiert, dann wieder geradezu gesetzt. Jeder der zehn Tracks auf „Vanishing Lands“ glänzt durch eine beeindruckende Detailverliebtheit, die sich nur schlecht durch den Begriff Electro-Pop wiederspiegeln ließe. Art Pop in dem Sinne, dass sich dieses Album, gemeinsam mit seinem Appell an die Vernunftbegabung des Menschen, schwerlich nur auf seinen musikalischen Gehalt beschränken lässt. Ein Opus Magnum fürwahr.

VÖ: 15. November 2019 via Bella Union