Text: Tim Brügmann, 24. September 2018

Über drei Solo-Alben hinweg nun auch als Einzelkünstlerin etabliert, blickt die in Los Angeles geborene Emma Ruth Rundle auf ein beachtliches Werk zurück. Dabei ist sie eine jener Künstlerinnen mit einer derart persönlichen und tief verwurzelten Ästhetik, die sich wie ein Kohleflöz durch ihr Œuvre zieht. Ausgehend von der üppigen Atmosphäre von The Nocturnes, den kinematografischen Klangwelten von Red Sparrowes und dem ausufernden Post-Rock-Schleier von Marriages ist sie in den ätherischen Grübeleien ihres Solowerks angekommen und hat sich als respektable Künstlerin mehr als nur einen Namen gemacht.

In einem melancholischen Strudel aus Post-Rock, Folk und Metal geht Emma Ruth Rundle anders als ihre teergetränkte Industrial-Schwester Chelsea Wolfe innovativere Wege und hat es sich nicht nur in einer aufregenden Nische bequem gemacht. Gemeinsame Tourneen mit Bands wie Deafheaven, Wovenhand und Earth, sowie Festival-Slots von Roadburn, dunk!festival oder Montreaux Jazz zeugen von der herausragenden Wirkmacht von Emma Ruth Rundle, die es gekonnt versteht verschiedenste Genre-Fans für sich zu gewinnen. Neben ihrer bescheidenen und sympathischen Art ist es vor allem ihre Grazie an den 6-Saiten und das Tiefe Verständnis für härtere Spielarten und Technik bei gleichzeitiger Anmut, die die junge Künstlerin zu ihrem guten Ruf verholfen haben. Emma Ruth Rundle sticht in erster Linie durch ihre Originalität wie Authentizität hervor, während ihrem Spiel eine gewisse dunkle Intelligenz innewohnt, die bei vielen ihrer Sargent House Label-Kollegen mitschwingt.

Ihr zweites Soloalbum „Marked For Death“ im Jahr 2016 brachte schließlich den Durchbruch und bescherte endgültig jene Anerkennung, die eine tief emotionale Gitarristin und Klangbeschwörerin verdient hat. Nun kehrt sie fest im Sattel mit „On Dark Horses“ zurück und präsentiert um ein gutes Stück reifer, ein geerdetes, aber nicht minder verletzliches Liederbuch, das auf Tour und in ihrer neuen Heimat Louisville, Kentucky entstand. Herrschten auf dem letzten Album noch überwiegend harsche und kalte Eruptionen vor, präsentiert sich das tosende Galopp ihrer schwarzen Pferde dank monumentaler Instrumentierung und stets den richtigen Ton treffenden Vocals erfrischend warm und nahbar.

Den Auftakt des acht Songs umfassenden Fiebertraums voller Liebe, Selbstzerstörung, Sehnsucht und Linderung macht sogleich der angenehm an ihre Marriages-Zeiten erinnernde und logischerweise so betitelte Song „Fever Dreams“. Und während die ersten Zeilen bekanntlich die schwersten sind, hangelt sich Emma Ruth Rundle im Anschluss gekonnt durch ein straffes Arrangement ihrer bis dato strukturiertesten und ausgefeiltesten Solo-Songs. Mag man stellenweise eine gewisse destruktive Härte vermissen, die gerade „Marked For Death“ ausmachte, verleihen die epischen und bisweilen an Ennio Morricone erinnernden Wüsten-Balladen („Light Song“) sowie monolithischen Klagelieder („Dead Set Eyes) „On Dark Horses“ neue Facetten und einen bisher für Emma Ruth Rundle untypischen warmen Klang.

Angesicht einiger ernsthafter Gesundheitsproblem hat sich Emma Ruth Rundle ihre Sporen redlich verdient und sich dank harter Arbeit an sich und ihrem Sound zu einer wahren Naturgewalt entwickelt, die immer Licht am Ende des Tunnels zu finden scheint, egal wie dunkel dieser Tunnel sein mag. Und so ist „On Dark Horses“ auch ein Stück weit Spiegelbild einer Künstlerin, die ihre inneren Kämpfe überlebt hat und stärker aus ihnen hervorgegangen ist, obwohl sie sich auch weiterhin nicht vor den Schattenseiten des Lebens versperrt. Ihr Werk ist immer noch zutiefst persönlich, aber lange nicht mehr so verzweifelt und angespannt. Im Fahrtwind von „On Dark Horses“ ist es ihr gelungen zusammen mit ihren Bandkollegen und mittlerweile Ehemann Evan Patterson der Noir-Blues-Band Jaye Jayle, ein dunkles, grüblerisches Meisterwerk zu schaffen, das Angst und Verletzlichkeit mit Anmut und Entschlossenheit lindert. Um eine vollwertige Band erweitert, präsentiert sich Emma Ruth Rundle stärker als je zuvor.

18.10.2018 Leipzig – UT Connewitz
20.10.2018 Köln – Gebäude 9
21.10.2018 München – Milla
23.10.2018 Berlin – Bi Nuu
24.10.2018 Hamburg – Hafenklang

VÖ: 14. September 2018 via Sargent House