Text: David Maneke, 18. Oktober 2018

Ein gutes Jahr nachdem die Band Erregung öffentlicher Erregung die erste EP „Sonnenuntergang über den Ruinen von Klatsch“ veröffentlicht hat, ist nun die zweite EP „TNG“ erschienen – begleitet von der Videoauskopplung des Openers „Ich tanze rüber“. Zwei EPs hintereinander? Mir kommt es so vor, als betrachteten EÖE ihr wachsen und werden ihrer selbst als das was es naturgemäß auch ist: als Work in Progress. Das hat aber folgenden Nebeneffekt: ich bin geneigt, die beiden EPs miteinander zu vergleichen, das wird hier auch eine Rolle spielen.

Musikalisch ist „TNG“ ein Schritt tiefer in den eigenen Sound, dadurch auch zu diesem Zeitpunkt der Bandgeschichte ein Commitment zu musikalischer Prinzipientreue. Denn im Vergleich zur ersten EP fällt vor allem auf, dass die Songs musikalisch einheitlicher wirken. Haben EÖE auf ihrer ersten Veröffentlichung noch nach der spezifischen Version ihres eigenen Sounds gesucht, scheint „TNG“ der Fuß in der Tür zu sein. Über fünf Songs erkunden EÖE die Möglichkeiten ihrer ganz speziellen Kraut/Postpunk-Version. Der Connaisseur wird dann auch die Varianten entdecken, die kleinen Unterschiede bemerken und die Versionen gegeneinander abwägen. Oder man ist kein allzu dezidierter Krautrockexperte, aber auch dann lässt sich „TNG“ genießen – zumal die EP mit fünf Tracks zu kurz für Langeweile ist.

Leider ist „TNG“ textlich nicht auf der gleichen Höhe wie der Sonnenuntergang über den Ruinen des Klatsch. Kern dieser Kritik ist vor allem der bereits angesprochene Opener, dessen narrativer Katalysator das in deutschsprachiger Musik letzthin doch allzu oft bemühte Motiv „tanzen als Bewegung zwischen Realität und Entspannung“ ist – eine textliche Perle wie „Anthropozän“ sucht man auf der neuen EP vergeblich. Das ist schade, denn – ausgehend vom Erstling – haben die kreativen Köpfe der Band eigentlich ein wenig mehr auf dem Kasten (höhö) als die textliche Bewegung im Feld der etablierten (Pop-) Gepflogenheiten. Das wird nochmal besonders schade, weil Anja Kastens Gesang eine ganz wunderbare NDW-Attitüde vor sich herträgt, die eigentlich genug Raum für jede denkbare Absurdität hergibt, die im durchaus flexiblen ästhetischen Kontext der Band irgendwo Sinn ergibt.

Ich weiß natürlich nicht, in welchen persönlichen Gegebenheiten die Texte zu „TNG“ entstanden sind, das muss mein Urteil ein bisschen revidieren. Zumal hier nicht zu kurz kommen soll, dass die EP trotz meiner raumgreifenden Textkritik eine runde Sache ist. Es macht Spaß, „TNG“ zu hören – solange man ein wenig offen für krautigen Postpunk ist. Und wer sie noch nicht kennt und sich ein wenig angesprochen fühlt, dem empfehle ich auch die erste EP wärmstens. Nur haben EÖE den Maßstab mit dieser ja selbst gesetzt und da mag ich dann schon eine differenzierte Meinung präsentieren: musikalisch ist der Schritt in die Tiefe mit „TNG“ sehr gut gelungen. Textlich wäre ein kleines bisschen mehr Regelbrechen erfrischend gewesen.

VÖ: 12. Oktober 2018 via Euphorie