Text: Maximilian Heß, 19. November 2021

Wer beim Begriff Euroteuro an die Inflationssorgen bei der Währungsumstellung Anfang der Zweitausender denkt ist a) alt und b) im Begriff, eine der interessantesten Off-Hype Bands der letzten Jahre zu verpassen. Schließlich verbirgt sich hinter dem Begriff Euroteuro ein selberklärtes Dada-Deutschpop-Kollektiv mit Alpenhintergrund. Deren neues Album “Volume 2” weiß zwar nicht so genau, was es sein will, das muss es aber auch nicht.

Der Begriff Dada ist nach Jahren der Verwässerung und unzähligen Hgich.T- und Helge Schneider-Releases eigentlich kein schmückendes Attribut mehr für ein Album. Um so schöner, dass sich der Dada-Begriff bei Euroteuro maximal auf ein paar Lyrics beschränkt, die aber eh nicht im Zentrum vieler Songs stehen. “Volume 2” ist ein Album, das sich musikalisch zwischen Downbeat-Disco, Lo-Fi-Pop und Wiener Indie bewegt. Songs wie “Franzi” mit ihren offenen Harmonien und dem entspannten Beat klingen, wohl auch aufgrund des Mundart-Gesangs so, als wären es elektrifizierte Versionen von Der Nino aus Wien-Klassikern. Und das ist durchaus eine positive Referenz. Gerade wenn “Volume 2” ein bisschen das Tempo heraus nimmt fühlt man sich intuitiv wohl im Potpourri aus Instrumentals à la Mile Me Deaf und dem wunderschön schnodderigen Wiener Dialekt von Sänger Peter T..

Das Kollektiv aus Wien um Sänger und Mastermind Peter T. ist seit dem Debütalbum “Volume 1” 2018 viel herumgekommen. Davon zeugen Features mit den Vapor-Pop-Granden Mile Me Deaf oder die musikalische Untermalung von Stefanie Sargnagel-Theaterstücken. Und das hört man auf “Volume 2”. Wo auf ihrem Debüt größerer Enthusiasmus dazu führte, dass sie manchmal mit ihrem Avantgardismus übers Ziel hinaus schossen sind viele Songs auf “Volume 2” astreine Pop-Nummern.

“Allein Sein” ist ein gutes Beispiel für die neu gefundene Adoleszenz der Wiener: Der Song selbst ist an der Grenze zur Schunkeligkeit mit seiner kitschigen Gitarrenmelodie, handeln tut er allerdings vom Neid des Sängers auf jemanden, der gut allein sein kann. Diese Art der Kauzigkeit tut Euroteuro gut und hebt sie von anderen Dada-Acts ab. Diese gelungene Integration teils auch objektiv dadaistischer Lyrics in ein stringentes Pop-Album haben zuletzt nur die Landsmänner von Kreisky auf deren neuem Album “Atlantis” geschafft.

Was ist “Volume 2” jetzt eigentlich? Ein poppiges Dada-Album, dessen Lyrics sich hedonistische Drittsemester betrunken auf den Knöchel tätowieren? Oder ein klassisch österreichisch-kauziges Pop-Album, das den Titel „Dada“ nur trägt, weil noch niemand Wiener Weirdness als Genre etabliert hat? Oder gar ein entspanntes elektronisches Disco-Pop-Album, das leider ein paar Lyrics brauchte? Wahrscheinlich ein bisschen von Allem, das ist aber nicht schlimm. Nur eines scheint klar: Wer mit österreichisch angehauchtem Deutschpop nichts anfangen kann sollte “Volume 2” wahrscheinlich fern bleiben.

21.11.2021 München – Volkstheater (+ Stefanie Sargnagel)
13.01.2021 Berlin- Volksbühne (+ Stefanie Sargnagel)
14.01.2021 Hamburg- Kampnagel (+ Stefanie Sargnagel)

VÖ: 19. November 2021 via Siluh Records