Text: Nico Beinke, 08. April 2021

Als John Coltrane 1967 starb, übernahm seine Frau Alice einige Musiker der angestammten Besetzung des Verstorbenen – darunter der mittlerweile 80jährige Pharoah Sanders. Vier Jahre später schuf sie mit „Journey in Satchidananda“ einen Meilenstein der Avantgarde – „featuring Pharoah Sanders“ stand in derselben Schriftgröße auf dem Cover wie ihr eigener Name: Ein Meilenstein der Weltmusik und Hommage an den zu früh verstorbenen Gatten.

Was nicht heißen soll, das Solowerk Sanders sei von geringerer Güte, nur offensichtlich befeuern ihn Kollaborationen zu Höchstleistungen. Auch das vorliegende Werk „Promises“ zeugt von einer extraterrestrischen Beseeltheit seiner zwei Protagonisten Sam Sheperd (Floating Points) und Pharoah Sanders. Wozu künstlich Spannung aufbauen? Das hier ist groß!

Die Sorge das London Symphony Orchestra sei dazu auserkoren, potentielle Unzulänglichkeiten songwriterischer Natur bei Sanders und Sheperd mit klebrigen Streicherarrangements zu kitten, löst sich angenehm früh – bereits während der ersten 20 Minuten – in Wohlgefallen auf. Aus zweierlei Gründen: Es gibt weder Unzulänglichkeiten, aber ebenfalls kein klassisches Songwriting, und das Orchester spielt eine fast nebensächliche, eher ergänzende Rolle. Kein pompöser Kitsch enthalten – vielmehr stellt Sheperd seine Produktionskunst ganz in den Dienst der meditativen Improvisationen, wie sie Sanders seit annähernd 50 Jahren kultiviert.

Die einzelnen Bausteine der 45-minütigen Dauermeditation sind schlicht durchnummeriert und verweisen darauf, sie besser am Stück zu genießen. „Promises“ ist in der Tat eines dieser Alben, während derer sich geradezu offensichtlich ein roter Faden offenbart, den es zu erhalten gilt, es erscheint nahezu sinnlos die Tracks anders anzuordnen. Dass sie zusammengehören, ergibt sich durch ein durchgängiges musikalisches Thema, einer variationslosen Tonfolge, die somit zwangsläufig zum Mantra wird. Erst an sechster Stelle der Tracklist spielen die Sinfoniker eine übergeordnete Rolle und Sanders tritt ins zweite Glied zurück.

Was also bleibt ist die atemberaubende Fusion aus Electro (Floating Points), dem Jazz des Großmeisters Sanders und der Klassik des Londoner Sinfonieorchester, die sich wie eine warme Umarmung anfühlt, dabei aber unwirklich und träumerisch bleibt.

VÖ: 26. März 2021 via Luaka Bop!