Text: Christian Selzer, 12. April 2019

Krawall und kein Ende: Nach Idles und Shame sind Fontaines D.C. die nächste Band, die sich an die rostige Spitze des Postpunk-Revivals setzt. Mit über 200 Shows und sechs Single-Veröffentlichungen ist die Truppe um Sänger Grian Chatten zwar längst kein Szene-Geheimnis mehr. Doch erst erst auf Albumlänge zeigt sich, wie viel stilistische Finesse im Songwriting der Band steckt.

Prägend für den Sound des Quintetts ist Chattens erzählerischer Gesang, dessen Akzent gar nicht erst so tut, als käme er irgendwo anders her als aus Dublin. Mit seinen nölig vorgetragenen, lakonischen Wortkaskaden tritt Chatten in die Fußstapfen des Vorzeige-Grantlers Mark E. Smith, der die feine englische Art Zeit seines Lebens mit Füßen getreten hat. Auch Chatten, der im Arbeiterviertel The Liberties aufgewachsen ist, spricht die Sprache der Working Class und bearbeitet in seinen Texten Themen wie Gentrifizierung und Verdrängung. „My Childhood was small / But I’m gonna be big” spuckt Chatten den Hörern in „Big” trotzig entgegen und man ist geneigt, das als Drohung aufzufassen, zumal die spitzen Gitarrenlicks, der rumpelnde Bass und das atemlose Schlagzeugspiel diese Ambition mit Wucht untermauert.

„Sha Sha Sha” hingegen zeigt Fontaines D.C. von einer anderen Seite: Mit einem Upbeat-Gitarrenriff, das auch auf The Clashs „Combat Rock” nicht fehl am Platz gewesen wäre, zieht der Song aufs Tanzparkett oder zumindest in einen runtergerockten Pub in einer Seitengasse der irischen Hauptstadt. Doch auf den Rausch folgt der Kater, weshalb sich zwischen all den stürmischen Postpunk-Brechern wie „Hurricane Laughter” oder „Boys in the better Land” auch melancholische Klänge finden. „Dublin City Sky” steht in der Tradition des irischen Folk und setzt den ruhigen Schlussakkord auf einem Album, das so vielseitig ist wie die Stadt selbst, die zur Inspirationsquelle diente – rau, authentisch und mit dem unbändigen Willen, immer wieder aufzustehen.

VÖ: 12. April 2019 via Partisan Records