Text: David Maneke, 25. März 2022

Unter dem Namen Get Well Soon macht Konstantin Gropper seit fast 20 Jahren Musik. Das bestechendste Merkmal in der Gesamtschau ist, wie sehr die lyrische Programmatik ihren Widerhall in der musikalischen Ausgestaltung findet. Das meisterhafteste Beweisstück dafür ist das 2018er Album „The Horror“, auf dem Groppers gesammelte Ängste ihr klangliches Bild in einer von unterkühltem Jazz getragenen Hemmnis gefunden haben. Dadurch ist ein Werk von unglaublicher Dichte entstanden, die so auch nur zustande kommt, wenn die Komponenten ganz feingliedrig ineinandergreifen. Und dass Gropper ein fantastischer, detailversessener und innovativer Arrangeur ist, der seine Referenzräume akribisch erkundet und in seine eigene musikalische Sprache übersetzt, das wissen wir auch schon seit den ersten Tätigkeitsnachweisen. „The Horror“ hat all die emotionalen Zwischenräume von Groppers Angst musikalisch ausgeleuchtet, selten hat das Düstere so sublim geklungen.

Und dann beginnt der Meister der Programmatik sein neues Album „Amen“ mit einer Intervention an sich selbst. „A Song for myself“ heißt sie, in der Gropper sich selbst dem Tribunal der Reflexion aussetzt. In bester Get Well Soon Manier heißt es da „The little bird of Death/ Sits on my shoulder/ I´m all out of breath”. Doch nur Augenblicke später schmettert ihm ein Chor die Aufforderung entgegen, er solle nun mal mit dem Gejammer aufhören. Das setzt den Ton von „Amen“ recht eindeutig: Konstantin Gropper schaut jetzt mutig nach vorne, ist jetzt Optimist geworden!

Natürlich ist auch auf „Amen“ jeder der Songs bis aufs Letzte auskomponiert. Der Unterschied zum bisherigen Schaffen Groppers ist, dass die Songs nicht mehr ganz so ineinandergreifen, wie auf den Vorgängern. Denn „Amen“ wirkt im direkten Vergleich zu seinen Vorgängern aus der Vogelperspektive zunächst abwechslungsreicher, bisweilen eklektischer. Die musikalische Färbung des Albums ist weniger eindeutig, man wird an verschiedenste Plätze der Erinnerung geführt.

In der Single „One for the Workout“ führt uns Gropper seine Interpretation von energischem Synthie-Pop vor, während über das Drumming in „Chant En Disenchant“ sicherlich auch irgendein Roots-Mitglied Sozialkritik rappen könnte. „Amen“ wirkt einfach weniger einheitlich als die Vorgänger, aber man sollte sich davor hüten, das als Nachlässigkeit zu deuten – das Thema des Albums wird von Gropper schlicht und ergreifend breiter ausgefächert als auf den Vorgängern, das geht in der Makroperspektive dann bisweilen zu Lasten der inhaltlichen Tiefe, die wir von Get Well Soon Alben sonst gewöhnt sind.

Aber wenn man die Perspektive mal wechselt, kann man auch zu einem anderen Schluss kommen: „Amen“ führt uns die überraschende wie einleuchtende Wahrheit vor Augen, dass Optimismus vielseitig sein kann. So äußert sich Optimismus auf „Amen“ mal als reflektorischer Akt, mal als aufgeklärter Appell an die eigene Vernunft aber auch mal in der szenischen Rezitation von Glückskeksweisheiten.

Man darf sich freilich nicht der Annahme hingeben, Get Well Soon würden jetzt Gute-Laune-Musik machen – dazu ist das Thema zu ernst. Und sicherlich darf das Album auch als Aufforderung an jeden Einzelnen begriffen werden; der Zeitpunkt für Optimismus ist jetzt, wo alles am Boden liegt. Aber wenn es voran gehen soll, müssen wir mit dem Jammern aufhören und nach vorne schauen.

21.04.2022 (CH) Winterthur – Salzhaus
22.04.2022 (AT) Dornbirn – Spielboden
23.04.2022 (AT) Wien – Wuk
24.04.2022 München – Muffathalle
26.04.2022 Berlin – Huxley’s Neue Welt
27.04.2022 Hamburg – Gruenspan
28.04.2022 Köln – Gloria Theater
29.04.2022 Frankfurt – Zoom
07.05.2022 Bochum – Zeche
08.05.2022 Stuttgart – Im Wizemann

VÖ: 25. März 2022 via Virgin Music