Text: Alex Schulz, 10. Februar 2021

Es war ein ganz normaler Club in Süd-London, doch dann gab es eine riesige Explosion! Was passiert ist, wird Dich überraschen… Grauenhafte Clickbait-Versuche beiseite: tatsächlich gab es einen Post-Punk Ausbruch mit Knalleffekt, der in bemerkenswertem Maße auf einen kleinen Londoner Musikclub zurückzuverfolgen ist. Die vierköpfige Band Goat Girl mischte bei dieser Geschichte ordentlich mit und legt nun ihr zweites Album vor.

Hier ein kurzer Abriss dazu: fast zeitgleich entwickelte sich der Musikclub The Windmill zur Heimat einer illustren Ansammlung aufstrebender Post-Punk Bands der Jetztzeit. Die erstaunliche Liste der dort beherbergten Bands ist ein einziges Name-Dropping. Shame, Black Midi, Squid, Folly Group, Black Country New Road – und eben Goat Girl – genossen Welpenschutz in der Windmill. Den auf Bildern wunderbar unspektakulär und unaufdringlich aussehenden Club aus dem Londoner Stadtteil Brixton bezeichnen die Bands einhellig als persönlichen „Save Space“. Schließlich gab der Club den Bands viel Raum, um ganz zu Beginn ihrer Karrieren unbefangen für erste Gigs üben zu können. Die Mitglieder von Shame nisteten sich sogar in einer Wohnung über dem Club für einige Zeit häuslich ein. Dort bespielten sie wöchentliche Resident-Konzertabende, und dass häufig mit den vier Mädels von Goat Girl im gleichen Programm.

Die beiden Bands sind daher in ihrer Bandgeschichte eng verbunden, was auch gewisse musikalische Parallelen offenbart. Geradlinig-bissige und politische Rocksongs auf den Debütalben im Jahr 2018 werden nun Anfang 2021 von deutlich experimentellerem, aber nach wie vor politischem Post-Punk abgelöst. „On All Fours“ heißt Goat Girls Pendant zu „Drunk Tank Pink“, dem nur kurz vorher erschienenen Nachfolgealbum ihrer Bandkollegen. Goat Girl machen dabei fast schon beängstigend viel richtig. Getragen von der selbstbewusst-coolen Stimme Lottie Pendleburys wirkt das Album durch die Bank weg einfach wahnsinnig abgebrüht. Gemessen an der Komplexität der 13 im Schnitt vierminütigen Songs, würde man zudem nie auf die Idee kommen, dass es sich dabei um die erst zweite Platte der Band handelt.

Als Prognose bleibt: von Goat Girl wird noch viel zu hören sein. Selbiges gilt für The Windmill als Keimzelle der Londoner Indie-Szene. Schließlich wurde der Club dankenswerterweise von eben jenen hier erwähnten Bands gerade erst vor dem Corona-Bankrott gerettet. Eine Hand wäscht die andere in diesem fruchtbaren Umfeld, bei dem es sich leicht ins Schwärmen geraten lässt.

VÖ: 29. Januar 2021 via Rough Trade Records